inatmen    Nun sind wir endlich so weit: die Brinvilliers ist in der Luft; ihr armer kleiner Körper wurde nach der Hinrichtung in einem großen Feuer verbrannt und die Asche in der Luft zerstreut, so daß wir sie jetzt einatmen, und durch die Einwirkung kleiner Kobolde könnten vergifterische Gelüste über uns kommen, über die wir alle sehr erstaunt wären.
 

Die Marquise de Brinvilliers
auf dem Wege zum Schafott,
nach
(erot)

Gestern ist das Urteil gesprochen, heute früh ihr vorgelesen worden: öffentliche Abbitte in Notre-Dame, dann enthauptet, verbrannt, zuletzt die Asche in den Wind gestreut. Man hat sie noch zur Folter geführt. Sie erklärte, das sei unnötig, sie werde alles gestehen, und tatsächlich erzählte sie bis fünf Uhr abends ihr ganzes Leben, das noch viel schlimmer war, als man angenommen hatte. Ihrem Vater habe sie zehnmal hintereinander Gift gegeben, so schwer sei es gewesen, ihn umzubringen. Ihre Brüder hat sie vergiftet und noch viele andere Leute, und all dies ist vermischt mit Liebschaften und anvertrauten Geheimnissen. Gegen Penautier hat sie nichts ausgesagt. Nach diesen Geständnissen wurde sie doch noch gefoltert, im ersten und zweiten Grad. Es war ihr nichts mehr zu entlocken. Sie verlangte, mit dem General-Prokurator zu reden und blieb lange bei ihm. Den Inhalt des Gespräches kennt man noch nicht. Um sechs Uhr hat man sie, nur mit dem Büßerhemd bekleidet, den Strick um den Hals, nach Notre-Dame geführt, um öffentliche Abbitte zu tun, sie dann wieder in den zweirädrigen Karren gepackt, in dem ich sie gesehen habe. Sie lag im Hemd rücklings auf dem Stroh, eine Kapuze tief über die Augen gezogen, einen theologischen Doktor auf der einen, den Henker auf der anderen Seite: ein schauerlicher Anblick. Die der Hinrichtung beigewohnt haben, sagen, sie sei tapfer aufs Schafott gestiegen.  - (sev)

Einatmen (2)   Wenn Claude und ich zu Beginn unseres Zusammenlebens spät nachts in unsere kleine Vorstadtwohnung gegangen sind, lief ich manchmal vor ihm und schob meinen Rock über meinen nackten Hintern; einfach so. Nicht, um ihn zum Vögeln einzuladen (ich glaube nicht, dass wir das jemals in so einer Situation taten), auch nicht, um einen möglichen Passanten zu schockieren, sondern um die Straße einzuatmen, das Tuch der frischen Luft an meine bebende Spalte zu drücken.  - Catherine Millet, Das sexuelle Leben der Catherine M. München 2001
 

Atmen

 

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