Eidechs   Weil Gott ihnen keine Nachkommen schenkte, geriet die Königin derart in Zorn, daß sie einen Sohn von ihm verlangte, selbst wenn dieser als Eidechse zur Welt käme. Und zur Strafe schenkte Gott ihnen einen Eidechsensohn.

Als der Eidechsensohn zur Welt kam, suchten sie ihm eine Amme, aber schon nach ein paar Tagen hatte der Eidechs ihr die Brüste zerfressen, so daß sie sich eine neue suchen mußten, der es jedoch ebenso erging wie ihrer Vorgängerin. Dies wurde alsbald im ganzen Königreich bekannt, so daß gar keine Frau mehr den Eidechsensohn stillen wollte.

Da war jedoch ein Mädchen mit Namen Maria, die bei ihren beiden älteren Schwestern lebte, und dieses Mädchen bot sich an, den Eidechsensohn zu säugen. Sie ließ sich zwei eiserne Brüste anfertigen, die ihr von hinten mit Milch gefüllt wurden, und so säugte sie den Eidechsensohn.

Als der Eidechs herangewachsen war, eröffnete er seiner Mutter, der Königin, er wolle sich vermählen. Die Königin beschloß, Maria zu Rate zu ziehen, um ihm eine Braut zu suchen, und es stellte sich heraus, daß Marias ältere Schwester seine Frau werden wollte. Die Königin war so glücklich, daß noch am nächsten Tag Hochzeit gefeiert wurde. In der Hochzeitsnacht forderte der Eidechs Marias Schwester auf, zuerst zu Bett zu gehen und ihn gegen Mitternacht zu erwarten. Bis dahin dürfe sie jedoch keinesfalls einschlafen, sie müsse hellwach bleiben, um ihn so von dem bösen Zauber zu befreien. Die Braut legte sich zu Bett, wartete und wartete, aber bald wurde es ihr zu lang, und sie schlief ein. So fand sie der Eidechs, und indem er sich auf sie warf, tötete er sie. - Spanische Hunger- und  Zaubermärchen.  Hg. José Maria Guelbenzu.  Frankfurt am Main  2000  (Die Andere Bibliothek 183)

 

Menschenechse

 

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