Ehefrau, optimale    Nocera: «Ich würde dir raten, eine Prostituierte zu heiraten. Nicht eine Straßendirne, versteh mich recht! Aber so eine, die als Minimum zweihundert Lire für die Sitzung nimmt. Die Erfahrung hat stets gelehrt, daß sie die besten Ehefrauen abgeben. Wenn du ein Mädchen aus guter Familie heiratest, das dir als Mitgift einige Rentenpapiere und eine völlig unversehrte Membrane mitbringt, wird sie es für ihr Recht halten, dich das ganze Leben lang zu ihren Füßen in selbstverständlicher Anbetung zu sehen. Heiratest du hingegen eine Prostituierte, so bringt sie dir als Mitgift eine vollständig eingerichtete Wohnung, die mit allen Vorzügen ausgestattet ist, die langjährige Benutzung mit sich bringt. Sie besitzt eine ansehnliche Schmuckschatulle und eine hübsche Summe sorgsam ersparten Geldes.»

Chefredakteur: «Prostituierte sparen nicht.»

Nocera: «Und ich sage dir, daß sie Ökonomisch, fast geizig sind. Den Mann veranlassen sie, tausend Francs für eine unnütze Sache, wie etwa einen Blumenkorb, zum Fenster hinauszuwerfen; aber wenn sie, die Prostituierten, einen Brief mit einer unversehrten Freimarke bekommen, so lösen sie sie sorgsam ab, um sie bei nächster Gelegenheit zu benutzen.»

 Tito: «Das tun die anständigen Frauen auch. Wenn eine Frau vier Sous ausgeben soll, sind es eben vier Sons; aber hundert Lire, die der Mann ausgibt, sind in ihren Augen weniger als ein Tram-bahnbillett. Die schlimmsten Fälle von Knickerei habe ich immer bei Frauen beobachtet. Aber sprich weiter.»

Nocera: «Die Prostituierte, die du heiratest, ist im Besitz von Geld, das du nicht verpflichtet sein wirst, aus Anstandsgefühl an die Armen deines Kirchspiels zu verteilen. Ab und zu wirst du vielleicht in Versuchung geraten, es zu tun; aber im Augenblick, wo du es tun willst, wird die Versuchung weichen; Geld beschmutzt die Hände, wenn es in geringen Summen vorhanden ist. Aber in großen Quantitäten reinigt es sie. Glücklicherweise steht auf den Banknoten keine andere Unterschrift als die des Generaldirektors und des Hauptkassierers, und wer eine Frau bezahlt, fügt seine Unterschrift nicht hinzu; folglich ist deine Würde gerettet.

Da sie ihr Geld durch süße Bemühungen verdient hat, wird sie es verstehen, daß auch die deinigen einigen Lohn wert sind; ein Umstand, den das Mädchen von Familie nicht versteht.

Auch hat deine Frau, wenn du die heiratest, die ich dir empfehle, alle vergänglichen Freuden des Luxus kennengelernt, hat ihre tollsten Launen befriedigt; die Villa am Vierwaldstätter See, oder die Yacht in Nizza, oder das Automobil mit doppelter Karosserie reizen ihren Appetit nicht mehr. Sie wird ein köstliches Heimweh nach ländlicher Einfachheit empfinden. Anstatt dir taglich vorzuhalten: <Weißt du, Liebster, was du mir kaufen solltest?> wird sie dir raten: <Mach keine unnötigen Ausgaben, Liebling!>  - Pitigrilli, Kokain. Reinbek bei Hamburg 1988 (rororo 12225, zuerst 1922)

Ehefrau

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