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gute
Da lebten nun die Weißen mit Indianerinnen zusammen, die schlecht und recht
oder nicht getauft waren. Die Frauen waren Haussklaven, und die Väter sagten:
Das ist die Natur, es geht an. Aber schlimm war, daß es gute Ehen gab, viele
gute Ehen! Öfter murmelten die Väter, ohne zur Klarheit zu kommen: «Einmal sind
diese Kerle Rauhbeine und betrachten den Indianer wie ein Tier, eine leblose
Sache, ihr Blut geht sie nichts an, ihre Schmerzen empfinden sie nicht mit,
dann wieder umarmen sie ihre Frauen und nehmen ihre Sitten an! Manche lassen
sich von ihnen streicheln, verwöhnen sie, sind eifersüchtig auf sie!» Im Hause
des Bürgermeisters, im Hause des Staatsschreibers, überall wimmelte es von Indianerfrauen,
kleinen scheuen Personen, unvollkommen bekleidet, offenbar ohne Vorstellung,
daß man außer dem Lendenschurz wenigstens die Brüste zu bedecken hätte. Sie
malten sich für die Straße einen Strich über die Brust oder um jede Brust herum
und dann ein paar Punkte um den Nabel, und waren angezogen. Dagegen hatte der
Ortsgeistliche schon Einspruch erhoben, aber ohne Glück. Die weißen Männer verwiesen
die Geistlichen jetzt an die Frauen selbst, und wenn einer die Frauen heranholte,
so erwiesen sie sich als die verständigsten Geschöpfe, ihre Ehrerbietung war
grenzenlos, sie konnten zu nichts nein sagen, was ihnen ein Weißer anbot, und
sie versprachen alles, wollten den Übelstand abstellen, sich keusch bedecken.
Sie zitterten beim Aufzählen der Höllenstrafen, die ihnen für Unzucht drohten.
Aber dann gingen sie weg und waren tags darauf genauso zu erblicken, erschraken
auch nicht, wenn man ihnen begegnete, und hatten schon wieder nur ihren Strich
um die Brust und die Punkte um den Nabel. Sie vergaßen alles. Was man ihnen
sagte, war wie der Regen hier, der von der größten Stärke sein konnte, und nach
zehn Minuten war alles wieder trocken. -
Alfred Döblin, Amazonas-Trilogie. Bd.2, Der blaue Tiger. München 1991
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