Edukations-Besen    Auf der dritten Kupfertafel von Hogarths „Buhlerin" sehen wir über dem Bett der Lustdirne eine Rute hängen und der geistreiche Lichtenberg bemerkt in seinen Erklärungen dieser Bilder: „Wie kommt aber, wird man fragen, die pädagogische Faschine oder der Staubbesen der Philantrophie hierher, und gerade an die Bettwand? Das Problem, ich niuss gestehen, ist fürwahr nicht leicht. Ich wünschte, es wäre schwerer, oder gar so schwer, dass es schlechterdings nicht aufgelöst werden könnte. Indessen, wir wollen es versuchen, doch stehen wir hier bei einer Stelle, wo selbst die Moral das Moralisieren verbietet und die gesprächigste Hermeneutik verstummt, oder, wenn sie genötigt wird, zu sprechen, wenigstens nichts weiter sagt als: ,Ich bin stumm!'

Die Weltweisen haben längst bemerkt, dass Erblinden die Hälfte des Todes sei, und wirklich scheint die Natur diese Meinung zu unterschreiben, welches eben nicht immer der Fall bei Bemerkungen der Weltweisen ist. Ich zweifle nämlich, ob es gegen irgend ein Uebel in diesem Jammerthal mehr Hilfsmittel giebt, als gegen das Nichtsehenkönnen. Bliebe die Sonne aus, gut, so stecken wir Lichter an. Das ist eine Kleinigkeit. Verschliesst der Staar das Fenster, wiederum gut, so macht der Augenarzt den Laden wieder auf. Wird der Mensch Myops (Kurzsichtiger) oder sieht er von dem Universo nichts als die Spitze seiner Nase, oder wird er Presbyt (Weitsichtiger) und sieht den Kirchturm deutlich, aber nicht seinen Nächsten, der vor ihm steht, so ist der ganze Handel mit zwölf Groschen abgethan, die man an den Glasschleifer bezahlt. Mit Hilfe dieser grossen Tripel-Allianz von Lichterzieher, Augenarzt und Glasschleifer hat der Mensch bisher die absolute sowohl als relative Blindheit so kräftig bekämpft, defensiv wenigstens, dass ihre Eingriffe, die sie dennoch hier und da thut, kaum der Rede wert sind . . .

Aber ach, wenn es doch auch Telegraphen für die übrigen Sinne gäbe! Allein da sieht es erbärmlich aus. Wer da ein Licht anzünden oder den Staar ausziehen oder eine Brille schleifen könnte! O, es wäre der Stein der Weisen, ich meine des Alters, ohne welche keine Weisheit möglich ist. Man hat es tausendmal versucht, aber mit weichern Erfolg? Der Geist, erst voraus und willig, und das Fleisch hinterdrein und schwach, eröffnen den Zug; dann folgt armselige erzwungene Willigkeit des Fleisches, hinter welches der Geist erbärmlich herkroch und endlich — war gar kein Zug mehr und Geist und Fleisch und Auge und Brille waren verloren. — Aber wir sprechen von dem Edukations-Besen an der Bettwand. Ist denn das eine Brille für — Presbyten? Die Wahrheit zu gestehen, ich weiss es selbst nicht, nur so viel weiss ich, dass sie, wenn es eine ist, nicht auf die Nase appliciert wurde ..." - Nach (hel)

Besen Erziehung


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