Edelstein  Aristoteles sagt in seinem Buch über Steine: »Hängt man sich einen Smaragd um den Hals oder trägt ihn am Finger, schützt er diejenigen vor Unglück, bei denen der Verdacht auf Epilepsie besteht.«  Deshalb empfehlen wir den Adligen, sie sollen ihn ihren Kindern immer um den Hals hängen, damit sie von dieser Krankheit verschont bleiben. Trägt man Sarder, der so viel wiegt wie zwanzig Gerstenkörner, um den Hals oder am Finger, so wird er dafür sorgen, daß derjenige, der ihn trägt, im Schlaf keine schrecklichen oder angsteinflößenden Dinge sieht und weder Zaubersprüche noch Hexerei fürchten muß. Chrysolith vertreibt alle Arten von Schlangen. Es handelt sich um einen dichten Stein, der wie Gold glänzt. In Verbindung mit Goldspänen und gewaschen schützt dieser Stein als Amulett vor Alpträumen. Befestigt man ihn mit einer Schnur aus Eselshaar am linken Handgelenk, hält er Dämonen fern. Der Beryll ist groß und hell. Man sollte auf der Oberseite ein Seepferdchen eingravieren und auf der Unterseite ein Horn, und man sollte, eingefaßt in ein wenig Gold, unter den Stein Herbina legen. Vorschriftsmäßig geweiht, sorgt dieser Stein bei Ehepaaren dafür, daß sie alles Böse besiegen. Er heilt jede Krankheit der Augen. Legt man den Stein ins Wasser und trinkt dann einen Schluck von diesem Wasser, heilt das Kurzatmigkeit und Atemnot und befreit von Leberschmerzen. Er ist sehr nützlich, denn wer diesen Stein bei sich trägt, kämpft siegreich gegen alle Feinde. Wie der Smaragd kommt er in Indien vor, ist aber blaß.

Trägt man Topas bei sich, kann einen kein Feind verwunden. Es ist auch gut, ihn im Haus zu haben, denn er hilft gegen Zauberei. Trägt jemand Hyazinth um den Hals oder am Finger, geschieht ihm nichts, wenn er in eine Gegend kommt, in der eine Seuche wütet; zudem werden ihm alle huldigen und all seine Anliegen erfüllen.

Wäscht man einen Amethyst in Wasser und gibt ihn einer unfruchtbaren Frau, so kommt es sogleich zur Empfängnis. Achat hilft Frauen bei einem Abgang und sorgt dafür,daß es schnell geht. Sarder trägt sich gut; die Frauen sollten ihn lieben. Man graviere einen Weinstock und einen sich darum rankenden Efeu ein. Besitzt jemand einen Onyx, so wird er in der Lage sein, eine Vision zu deuten. Trägt man einen Karneol um den Hals oder am Finger, so besänftigt das den Zorn und den Streit. Für die Tüchtigen kann er die Freiheit bringen. Wer ihn geweiht und das gemacht hat, was man machen soll, wird völlige Freiheit erlangen. Man muss freilich den Stein,den man bekommen hat, folgendermaßen vollenden: Man graviere einen Skarabäus ein, darunter einen stehenden Menschen. Danach soll man ihn längen und mit einer goldenen Klammer weihen und ihn an einem vorbereiteten und geschmückten Ort plazieren, und er wird den Glanz ausstrahlen, den Gott ihm verliehen hat.

Im Jaspis wird somit die Frische des Glaubens zum Ausdruck gebracht; im Saphir sind die himmlischen Höhen der Hoffnung dargestellt; im Chalcedon ist es die Flamme der inneren Liebe; im Smaragd jedoch die tapfere Bekundung des gleichen Glaubens inmitten des Unglücks; im Sardonyx die Demut der Heiligen inmitten der Tugenden; im Sarder das verehrungswürdige Blut der Märtyrer; im Chrysolith die Prophezeiung des Geistes inmitten der Wunder; im Beryll die vollkommene Wirkungsmacht der Propheten; im Topas die brennende Betrachtung des Gleichen; im Chrysopras auf ähnliche Weise Wirken und Verdienst der gesegneten Märtyrer; im Hyazinth die himmlische Erhebung der Gelehrten und wegen der Schwachen das demütige Herabsteigen zu den Menschen. Der Amethyst soll die Menschen auf Erden an das Königreich im Himmel erinnern. Deshalb sind all die einzelnen Edelsteine für die einzelnen Fundamente bestimmt, weil sie alle vollkommen sein können, und deshalb wird mit ihnen die Stadt Gottes auf diesem heiligen Berg geschmückt und begründet, denn die Steine sind das strahlende Licht geistlicher Freuden. - Marbod von Rennes, nach (eco)

Edelstein  (2) Jeder Stein hat Feuer und Feuchtigkeit in sich. Der Teufel hat Schrecken, Haß und Verachtung gegen die Edelsteine. Sie erinnern ihn nämlich daran, daß ihr Glanz schon erschien, ehe er von der ihm von Gott verliehenen Herrlichkeit herabstürzte, und außerdem entstehen manche Edelsteine in dem Feuer, in dem er selbst seine Strafpeinen erleidet. Denn durch Gottes Willen ward er vom Feuer besiegt und stürzte selbst in das Feuer, so wie er auch durch das Feuer des Heiligen Geistes besiegt wird, wenn die Menschen durch die erste Einhauchung des Heiligen Geistes seinem Rachen entrissen werden,

Im Osten und wo allzu heftige Sonnenglut herrscht, entstehen die Edelsteine. Die Berge in jenen Gegenden haben von der Sonnenglut Hitze wie Feuer, und die Flüsse dort sind von ihr immer heiß, so daß zuweilen eine Überschwemmung dieser Flüsse losbricht und sie zu jenen Bergen emporsteigen. Es werden dann die ebenfalls von der Sonnenhitze glühenden Berge von ihnen berührt, und wo das Wasser mit dem Feuer zusammentrifft, werfen sie Schaum aus, wie es bei feuerglühendem Eisen oder feuerflüssigem Steine ist... Nun bleibt hier der Schaum haften und erstarrt während dreier oder vier Tagen zu Stein, Hört dann die Überschwemmung der Wasser wieder auf, so daß sie wieder in ihr Bett zurückkehren, dann trocknet dieser Schlamm, der an verschiedenen Plätzen an den Bergen hängen blieb, je nach den verschiedenen Tageszeiten und deren Temperatur aus. Je nach der Temperatur dieser Tagesstunden bekommt der Schlamm Farbe und Kräfte und wird zu Edelsteinen verhärtet. Wie Fischschuppen werden sie von ihren Plätzen losgelöst und fallen dann in den Sand. Tritt dann wieder eine Überschwemmung dieser Flüsse ein, dann nehmen sie zahlreiche derartige Steine auf und tragen sie in andere Länder, wo sie schließlich von Menschen gefunden werden. Diese Berge aber, an denen so zahlreiche und so gewaltige Edelsteine entstehen, erglänzen dort wie das Tageslicht. Und also werden die Edelsteine von Feuer und Wasser erzeugt, deshalb haben sie auch Feuer, Wasser und viele Kräfte und Wirkungen in sich, so daß man sehr viel mit ihnen unternehmen kann; Dinge, die gut, ehrenvoll und den Menschen nützlich sind, nicht aber Verführung, Unzucht, Ehebruch, Feindschaft, Mord und ähnliches, was auf Laster hinzielt und dem Menschen schädlich ist; denn die Natur der Edelsteine sucht Ehrbares und Nützliches und verabscheut Verkehrtes und Böses, so wie auch die Tugenden die Laster abschütteln und wie Laster nicht mit den Tugenden zusammenwirken können.   - (bin)

Edelstein  (3) »Ich habe einmal eine Geschichte gehört, Rosa«, sagte er, »von einem Kapitän, der sein Schiff nach seiner Frau nannte. Er ließ eine schöne Galionsfigur dafür schnitzen, seiner Frau zum Bilde, und das Haar daran vergolden. Seine Frau aber war eifersüchtig auf das Schiff. ›Du denkst mehr an diese Galionsfigur als an mich‹, sagte sie. ›Nein‹, antwortete er, ›sie ist mir nur so teuer, weil sie dir so ähnlich ist, ja, weil sie in Wirklichkeit du ist. Ist sie nicht stattlich, vollbusig; tanzt sie nicht auf den Wogen, wie du es bei unserer Hochzeit tatest? In einer Hinsicht ist sie sogar freundlicher zu mir, als du es bist. Sie galoppiert brav dorthin, wohin ich es ihr sage, und sie läßt ihr langes Haar frei herabhängen, wogegen du das deine unter eine Haube versteckst. Aber sie kehrt mir immer den Rücken zu, so daß ich, wenn ich einen Kuß haben will, heim nach Helsingør komme.‹ Nun begab es sich einmal, als der Kapitän vor Trankebar Handel trieb, daß er zufällig einem alten König der Eingeborenen half, vor Verrätern in seinem eigenen Lande zu fliehen. Als sie voneinander schieden, schenkte ihm der König zwei große blaue, kostbare Edelsteine, und diese ließ er in das Gesicht der Galionsfigur einsetzen, zu einem Paar Augen. Als er heimkam, erzählte er seiner Frau von seinem Abenteuer und sagte: ›Nun hat sie auch deine blauen Augen.‹ ›Du hättest diese Edelsteine besser mir gegeben, zu einem Paar Ohrringe‹, sagte sie. ›Nein‹, sagte er wiederum, ›das kann ich nicht tun, und du würdest mich nicht darum bitten, wenn du verstündest‹. Die Frau konnte aber nicht aufhören, um die blauen Steine zu jammern, und eines Tages, als ihr Mann bei der Schiffergilde war, ließ sie einen Glaser aus der Stadt die Steine herausnehmen und statt ihrer zwei Stücke blaues Glas in das Gesicht der Galionsfigur einsetzen, und der Kapitän merkte es nicht, sondern setzte Segel nach Portugal. Nach einiger Zeit aber bemerkte die Kapitänsfrau, daß ihr Augenlicht abnahm und daß sie nicht mehr genügend sah, um eine Nähnadel einzufädeln. Sie ging zu einer weisen Frau, die ihr Salben und Tränke gab, aber die halfen ihr nicht, und schließlich schüttelte die alte Frau den Kopf und sagte, daß dies eine seltene und unheilbare Krankheit sei und daß sie erblinden werde. ›Oh Gott‹, rief da die Frau, ›daß doch das Schiff wieder im Hafen von Helsingør wäre! Dann wollte ich die Glassteine herausnehmen und die Edelsteine wieder einsetzen lassen. Denn hat er nicht gesagt, daß sie meine Augen seien?‹ Das Schiff kam aber nicht zurück. Statt dessen erhielt die Kapitänsfrau einen Brief vom Konsul in Portugal, der ihr mitteilte, daß es mit Mann und Maus untergegangen sei. Und es sei höchst verwunderlich, schrieb der Konsul, daß das Schiff am hellichten Tage stracks auf einen großen Felsen gelaufen sei, der sich deutlich sichtbar aus dem Meer erhebe.«  - Tania Blixen, Wintergeschichten, Reinbek bei Hamburg 1989
 
 

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