Duschkabine   Ich hörte Kenny mit plötzlich lauter Stimme sagen: »Warte, ich muß mal eben für kleine Jungs.«

Jeder Muskel in meinem Körper verkrampfte sich.

»Geh da lieber nicht rein«, sagte Charlotte, die jetzt offenbar ebenfalls näher kam. Die beiden mußten direkt vor der Tür stehen.

»Warum nicht?« fragte Kenny.

»Ich hab einen ziemlichen Gestank abgesetzt.«

»Was glaubst du, was mich das interessiert?«

Ich ging in die Hocke und schaffte es dabei, mit einer Hand den Griff der Duschtür festzuhalten und mit der anderen die Leiche aufrecht gegen die Wand zu pressen. Wäre der Schimmel auf der Duschtür unten nicht so dicht gewesen, hätte Kenny uns problemlos sehen können. So würde er mich nur entdecken, falls er in meine Richtung blickte.

Kenny räusperte sich. Die Spucke klatschte in die Schüssel, dann fing er an zu pissen.

»Du hast gelogen. Hier drinnen stinkt es überhaupt nicht!« schrie er und fügte dann noch hinzu: »He, einer deiner Macker hat vorbei geschifft.«

Als er fertig war, hielt er sich nicht damit auf, die Spülung zu drücken. Ich sah den Schatten seiner Beine an der Duschtür vorbeistreichen. Dann blieb Kenny stehen. Ich dachte schon, er wollte in die Duschkabine sehen, hörte aber gleich darauf, wie er die Klinke der Badezimmertür nach unten drückte und verschwand. Mein Herz schlug mindestens zweihundertmal in der Minute.

»Wo ist mein Geld?« fragte Charlotte.

»Nur die Ruhe«, sagte Kenny. »Du kriegst dein Scag schon noch.«

»Mach schon«, drängte Charlotte. »Laß uns gehen.« Die Wohnungstür ging auf und wieder zu. Ich wartete noch einige Sekunden, um sicherzugehen, daß sie tatsächlich verschwunden waren. Dann stand ich auf, ließ die Leiche schräg verkeilt stehen, Hals und Schultern leicht gekrümmt, verließ die Duschkabine und ging aus dem Bad.    - Jason Starr, Twisted City. Zürich 2005

 

Dusche

 

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