Durchreise  Meine Bücher sind in einer Kiste; die, die ich brauche, lege ich auf die Stühle, auf den Boden, aufs Bett. Es gibt noch eine Kiste, unter dem Tisch, deren Deckel ich nicht ganz aufgemacht habe. Sie enthält Briefe, Fotos, Ansichtskarten. Genug, um die vier Wände damit zu tapezieren. Aber das lohnt sich nicht: ich bin auf der Durchreise. Diese Stühle sind so hart, daß ich mich auf die Kante setze und ganz steif bleibe, wie auf Besuch: ich bin frei. Dieses Zimmer riecht nicht nach Mensch, es bewahrt keine Spuren; ich könnte zehn Jahre inmitten dieser Möbel, die nur Funktionen sind, wohnen: ich würde es nicht prägen, ich wäre immer auf der Durchreise. Sie sind weggegangen, sie haben ihre Amouren, ihren Geschmack, ihre Sorgen mitgenommen. Und andere werden nach mir kommen und werden in diesem Zimmer ohne Gedächtnis nichts von mir finden, außer vielleicht hinten in der Schublade des Nachttisches ein Stück Watte und ein fast leeres Päckchen Tabak.   - Jean-Paul Sartre, Der Ekel. Reinbek bei Hamburg 2004 (zuerst 1938)
 
 

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