rurch den Spiegel gehen
Illustration zu Lewis Carrolls 'Alice hinter den Spiegeln'
- Mervyn Peake
Durch den Spiegel gehen (2) »Ach, Mieze! Wie
schön das wäre, wenn wir in das Spiegelhaus hinüber könnten! Sicherlich
gibt es dort, ach! so herrliche Dinge zu sehen! Tun wir doch so, als ob
aus dem Glas ein weicher Schleier geworden wäre, daß man hindurchsteigen
könnte. Aber es wirdja tatsächlich zu einer Art Nebel! Da kann man ja
mit Leichtigkeit durch -«, und während sie das sagte, war sie schon auf
dem Kaminsims, sie wußte selbst nicht wie, und wirklich schmolz das Glas dahin, ganz wie ein heller, silbriger Nebel.
Sogleich war Alice durch das Glas geschlüpft und flink in das
Spiegelzimmer hinabgesprungen. Als erstes drehte sie sich gleich einmal
um, um zu sehen, ob da auch ein Feuer im Kamin brannte, und zu ihrer
großen Zufriedenheit knisterte da wirklich eins und flackerte genauso
hell wie das auf der anderen Seite. »Da wird mir hier so warm sein wie
in dem vorigen Zimmer«, dachte sich Alice, »und sogar noch wärmer, denn
hier vertreibt mich niemand vom Feuer. Ach, wie kistig das wird, wenn
sie mich hier drüben im Spiegel sehen und nicht zu mir herkommen
können!«
Dann sah sie sich allmählich um und stellte fest, daß alles, was man
drüben von dem Zimmer aus hatte sehen können, ganz gewöhnlich und
alltäglich war; das übrige aber war so verschieden wie nur möglich. Die
Bilder neben dem Kamin zum Beispiel schienen alle lebendig zu sein, und
sogar die Uhr auf dem Kaminsims (das wißt ihr ja, daß man im Spiegel nur
ihre Rückseite sehen kann) hatte sich statt des Zifferblatts das
Gesicht von einem alten Männlein aufgesetzt und grinste sie an. - Lewis Carroll, Alice hinter den Spiegeln. Frankfurt am Main 1974 (zuerst 1872)