Dumm  Dämisch, dätsch, dülmisch, epplig, verdätscht, wittisch, wittsch. - (pu)

Dumm (2) DUMM, adj. und adv. goth. dumbs, ahd. tumb GRAFF 5, 425, mhd. tump BEN. 3,129, tum im reim auf Ambrosium und crucifixum Passional 2, 253. 289, 31 Köpke, niederd. dum duum Brem. wörterb. 1, 269. SCHÜTZE Holstein. idiot. 1, 269, altfries. dumbe dume RICHTH. 695, neufries. tumpig OUTZEN 367, niederl. dom, ags. und engl. dumb, altnord. dumbr, schwed. und dän. dum. in andern stammverwandten sprachen weist es DIEFENBACH Goth. wörterb. 1, 635, 636 nach. die anlautende tenuis ward lange beibehalten, bis in das 18te jahrhundert, STIELER, FRISCH, STEINBACH, RABENER schreiben tumm und LESSING schwankt noch, doch bei SCHÖNSLEDER findet sich dumm und HENISCH bringt beides vor.

thumm schreiben KEISERSBERG, SCHWARZENBERG, LUTHER, AVENTIN, WECKHERLIN, PHILANDER V. SITTEWALD. vom 18ten jahrhundert an hat der compar. und superl. bei einigen den umlaut. das wort wird einem verlornen verbum dimban damb dumbun zugetheilt (Gramm. 2, 59), das in reicher ausbreitung wörter der verschiedensten bedeutung umfaszte, zu welchen dumpf, taub, toben, duft gehören: im koburgischen heiszt dummern nach moder riechen FROMMANN Mundarten 3, 193. dumm bezeichnet eine abstumpfung des geistes, des verstandes, der sinne, und heiszt demnach schwachköpfig, kraftlos, aber auch stumm, taub, finster, diese verschiedenen bedeutungen sind auseinander zu setzen.

1.      beschränkt und schwach an verstand, unwissend, stumpfsinnig der naturanlage gemasz; es ist milder als albern, im mhd. hiesz auch tump wer seiner jugend wegen noch keine erfahrung und einsicht haben konnte; es lag dann kein tadel, nichts herabwürdigendes darin, wie man auch einfältig in gutem sinn gebraucht. diese bedeutung ist nicht ganz erloschen, man sagt er ist noch ein dummes kind, von dem man nichts anders erwarten kann. mildernd, der dumme teufel ist zu entschuldigen, er wuszte es nicht besser.

  Doch die ungünstige bedeutung ist vorwiegend. man schilt dummes kalb! dummer esel! dumme gans! ebes hort (hart) am sinn oder thum DIEFENBACH Wörterb. von 1470 sp. 103. 145. thum ebes, grossus Voc. theut. 1482 hh 3. tummer, grober, ungelimiger, stumpfsinniger das. tummer ebes, quasi vesanus Voc. incip. teut. y 1. tumm stupidus, hebes FRISCH 2, 394. du bist ein narr, stumpf und tum KEISERSBERG Sünden des munds 37. do sprach der herr (Christus), 'seind ouch ir (die jünger) noch on verstentnusz? dumm und doll?'

2.      betäubt, verstockt, verwirrt, das niederd. verbiestert. tum machen ebetare Voc. incip. teut. y 4. der lärm macht einen ganz dumm, dumm machen obtundere SCHÖNSLEDER L 4; conturbare, obstupefacere STIELER 2361. thum werden Voc. incip. teut. y 4. der kopf ist mir ganz dumm. es ist mir so dumm KLINGER Theater 2, 354.

3.      unbesonnen, unangemessen, widerwärtig, einfältig, abgeschmackt. niemand wollte handeln, alle machten sich fort, es war eine dumme geschichte, ein dummes betragen. sie machten lauter dummes Zeug. könig Pipin in Gasconien der ein unwürdiger, thummer und unbesonnener fürst war AVENTIN Chronik 341.

 4.     wild, toll, brutus, der des verstandes beraubt ist, tobt und wüthet; vergl. dummlich 2 und dummen. thummer, freveler, temerarius Voc. theut. 1482 hh 3. dum oder doll Gemma gemmar. dumm werden, vihisch, wild, unverständig  DASYPOD 317. tummer ferox HENISCH 1208. er hatte das beste herz von der welt, nur hatte er auch zuweilen das was man die dumme stunde nennt, das ist, er war plötzlich, ohne sichtbare ursache, stürmisch REISKENS lebensbeschreibung 19.

wenn aber sie sind frei, so geht es tumm und toll:
die jungfern trinken sich oft plitz platz plötzlich voll.
Jungfernanatomie in JOACHIM RACHELS satyr. schriften.

 

ein tummes pferd equus ferox STEINBACH 2, 880. man sagt der gaul ist dumm hat den stillen koller, und dieser mangel musz dem käufer angezeigt werden, weil sonst der kauf ungiltig ist. tummer hund canis rabidus STEINBACH 2, 880.

der hund ist tumm und reucht den braten GÜNTHER.

hurtig, tumm, tumbrisch WOLKENSTEINER 70. 1,25 s. manndumm.

5.      taub, schon im ahd., im mhd. hat sich noch kein beispiel gefunden, doch für die folgende zeit ist diese bedeutung gesichert. surdus dumm, daub, ungehörig (der nicht hört). surdeo et obsurdo ich bin dumm, taub, ich gehör nit. surdo ich mach dumm DASYP. 237. 317. dummer denn das ungestümm meer aequoribus surdior MAALER 93. tum und blind der weder hört noch sicht 411. zu einem tummen reden das ist umsunst und vergebens das, dumm werden surdescere obsurdescere SCHÖNSLEDER L 4. dum, hörlos, daub, surdus HENISCH 764. RADLEIN 204. altnord. dumbi.

er macht
die dummen hörend, die stummen jehend
Johannes tragöd. Piiij.

doll, thum und stumb WECKHERLIN 255.

'wie', spricht er, 'kan es sein dasz felsen hören können?
und hat der dumme forst auch die vernunft der sinnen
dasz er den ton vernimmt?'  P. FLEMING 58.

ein mann der stumm und dumm von mutterleibe war, aber rechnen, schreiben und mahlen, auch lesen konnte BLUNTSCHLI 446, von ADELUNG angeführt. s. dümme. dummelich 3.

6.      stumm mutus. in einigen sprachen, wie im gothischen und altnordischen, galt diese bedeutung allein, im ahd. ags. und altfriesischen erscheint sie neben andern. für das mhd. fehlen beispiele, doch im 17ten jahrhundert war sie noch bekannt, dum stum mutus HENISCH 764. engl. dumb stumm, schweigsam, to dumb stumm machen, zum schweigen bringen, dumbness (ags. dumnys) stummheit, schweigsamkeit. im schwedischen noch döf och dum taub und stumm, im dänischen ward es auch von gedämpftem laut gebraucht, klokken har en dum lyd die glocke hat einen schwachen klang.

7.      verfinstert, dunkel, des lichts beraubt. dahin weist das altnord. dumba caligo, dumbinn furvus, dumbôttr obscuri coloris, unser dammer, dimper, düster. der kobalt heiszt dumm, wenn das glas davon nicht blau, sondern schwarz oder braun wird. im dänischen sagt man hans öine bleve dumme, seine augen werden dunkel. ferner en dum farve eine farbe ohne glanz.

8.      abgestumpft, verdorben, unkräftig, wie man auch taub gebraucht. wo nu das salz thum wird, womit sol man salzen? Matth. 5, 13. thum salz heiszt das die zeene und scherfe verloren hat und nicht mehr würzet noch beiszet LUTHER 5, 367. wie thum und verdorben salz MATHES. 108. des thummen oder verworfen erzs 109. auf dem felsen ist der samen verloren, das ist er wird thumb, ob der samen sonst gut ist PARACELS. op. 1, 83.

wie süszer zuckerstaub der doch verderbt und thum. WIEDEMANN Jul.15.

er liegt und sinkt mit gespaltetem haupte
dumm und gedankenlos unter den todten und glaubt zu vergehen.
KLOPSTOCK Mess. 4, 9.

engl. dumb arm der lahme arm

9.      häufig bei scheltworten. einen einfältigen menschen nennt man dummes vieh, ein einfältiges mädchen dumme kuh. die mutter spricht zur tochter du bist eine dumme gans CHR. FEL. WEISZE Kom. opern 3, 158. du dummer bär! WIELAND 18, 332. ein gewöhnliches scheltwort ist dummer junge. ihr tummer kerl, wolt ihr auch ein politischer näscher werden? CHR. WEISE Polit. näscher 14. tummer teufel STIELER 2361. der vormund musz aber doch ein dummer teufel gewesen sein KOTZEBUE Dramat. spiele 2, 207. dummer teufel, was verschlägt es ihnen SCHILLER 1, 185. man fügt dumm auch zu eigennamen die dann in allgemeiner bedeutung als scheltworte dienen. so in Holstein dumme Asmus, Drütje (Gertrud), Jens, Jürken oder Olf und Petjen (Peter) Dumm SCHÜTZE 1, 269. vergl. dummerheinz, dummerjan.

10.     redensarten. er ist nicht so dumm als er aussieht er ist listig, verschlagen. das ist wirklich so dumm nicht ist ganz verständig MÖSER 9, 118.

verspitzt euch nur, ihr guten schlucker, wir sind nicht eben alle tumm GÜNTHER.

er stellt sich dumm an er thut auf unverschämte art als wenn er nichts wüszte, verbirgt den schalk unter dem schein der einfalt Brem. Wörterb. 1, 269. dat smekt nig dumm schmeckt gut SCHÜTZE Holstein. idiot. 1, 270. dat süt nig dumm ut das. er ist so dumm als ein bund stroh, ein bund heu KOTZEBUE Dramat. spiele 3, 56. wenn ihr mich für dumm verkaufen wollt, so werdet ihr nicht viel bekommen. unsere gesellschaft wolte fast tumm vor lachen werden ETTNER Unwürd. doctor 402. ich habe mich derer närrischen façonen zuweilen tumm mögen lachen 695.

11. sprichwörter. je dummer der mensch desto gröszer das glück SIMROCK 1725.

die dümmsten
sind überall die schlimmsten 1727.

so dumm als ein hinterviertel vom schafe 1728.

- Deutsches Wörterbuch der Brüder Grimm, nach (bes)
 
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Dummheit