ryade   Im himmel über uns zerriß eine dunkle wolke in zwei gleiche teile und heraus trat der unerwünschte mond mit seinen vollen backen! Teufel! Ich hatte dem herrn trabanten immer poetischerweise ein gesicht zugelegt, allein, in dieser situation konnten ich und Rufus nicht umhin, die helle, strahlende mondscheibe als das gegenteil zu titulieren .. Wir blieben langausgestreckt liegen und rührten uns nicht. Mein bär lag neben mir wie ein riesiger schwarzer ameisenhaufen und schnaufte so zart es ihm möglich war, ich selber hatte meinen ellenbogen in einen großen paradeiser gequetscht, es roch sehr frisch und saftig, aber, obgleich ich furchtbaren hunger hatte, kam mir vorerst gar nicht die idee, davon zu essen, so verwirrt hatte mich der jähe mond, so auf stille war ich bedacht! Vergebens .. Man hatte uns schon ertappt! Aus der krone eines nahen zitronenbaumes, den ich nicht hatte bemerkt, kam die saure überraschung. Versteckt zwischen den gänsehäutigen, gelben früchten, war ein jägerischer hochstand eingebaut und darinnen saß eines dieser sauberen baumweiber und schnatterte ihren gänseallarme in die mondstille inselnacht. Wir waren verloren, verraten, ausgeliefert! Nein, schrie ich zu Rufus, ich schieße den vogel ab! Verletzt sie nur leicht, herr .. meinte der gute Rufus. Ich legte an und zielte auf den entenfuß der zauberin .. Die schwimmhaut werd ich ihr perforieren, wie? Ja, sagte Rufus, die schwimmhaut, das ist gentlemanlike genug .. Krrch!

Im zitronenbaum begann es zu splittern und zu rauschen, es regnete früchte, das schnattern verwandelte sich in ein menschlich normales auweh, und da saß die frau dryade direkt vor unsren nasen, hatte die knie ans kinn gezogen und jammerte, daß es uns ins herz schnitt. Aber was hätten wir denn sonst tun sollen. Sind wir ein freiwild? Sind wir hirschen, rehböcke, jungstiere, schneefarbene esel oder shetland-ponies für diese ozeanischen messalinen?

Die abgeschossene hatte ein schönes, junges gesicht - sie war trotzdem schon an die viertausend jahre alt — grasgrüne augen und rote wangen von der ständigen frischen luft, die über diese insel immer weht.  - H.C. Artmann, Der aeronautische Sindtbart oder Seltsame Luftreise von Niedercalifornien nach Crain. Ein fragment von dem Autore selbst aus dem yukatekischen anno 1958 ins teutsche gebracht sowie edirt & annotirt durch Klaus Reichert. München 1975 (dtv 1067, zuerst 1958)