rang
zum Guten Jede kritische Reflexion war gleichsam in Honig eingetaucht,
von einem Kinderschleck aus dümmlichem Selbstbehagen umsponnen und gelähmt;
jede einzelne troff vom Sirup positiver Gefühle; mein Geist schien im süßesten
aller erdenklichen Bruchmoore zu versinken, so, als ersöffe ich in Rosenöl und
Zuckerguß. Gewaltsam rief ich mir möglichst widerwärtige Dinge ins Gedächtnis:
den bärtigen Schuft mit dem doppelläufigen Papstjagdgewehr, die verlotterten
Verleger Befreiter Literatur und ihr Gelage von Babel und Sodom, dann wieder
die Herren W. C., J. C. M. und A. K. und viele andere Schufte und Halunken,
aller nur, um mit Schrecken feststellen zu müssen, daß ich alle liebte und allen
alles vergab. Überdies hüpften sofort aus meinen Gedankengängen wie Stehaufmännchen
die Rechtfertigungen für alles Böse und Scheußliche. Die Hochflut der Nächstenliebe
sprengte mir den Schädel; besonders plagte mich etwas, was sich am ehesten als
»Drang zum Guten« bezeichnen läßt. Statt an psychotrope Gifte dachte ich gierig
an die Witwen und Waisen, deren ich mich mit Wonne angenommen hätte.
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Stanislaw Lem, Der futurologische Kongress. Frankfurt am Main 1996
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