r. Steiner wird so sehr von seinen abwesenden Schülern in Anspruch genommen. - Beim Vortrag drängen sich die Toten so sehr an ihn. Wißbegierde? Haben sie es aber eigentlich nötig? Offenbar doch. - Schläft zwei Stunden. Seitdem man ihm einmal das elektrische Licht eingestellt hat, hat er immer eine Kerze bei sich. - Er stand Christus sehr nahe. - Er führte in München sein Theaterstück auf (da kannst du es ein  Jahr lang studieren und verstehst es nicht), die Kleider hat er gezeichnet, die Musik geschrieben. - Einen Chemiker hat er belehrt. - Löwy Simon, Seifenhändler in Paris, Quai Moncey, hat von ihm die besten geschäftlichen Ratschläge bekommen. Er hat seine Werke ins Französische übersetzt. Die Hofrätin hatte daher in ihrem Notizbuch stehn »Wie erlangt man die Erkenntnis höherer Welten? Bei S. Löwy in Paris.« In der Wiener Loge ist ein Theosoph, fünfundsechzig Jahre alt, riesig stark, früher ein großer Trinker mit dickem Kopf, der immerfort glaubt und immerfort Zweifel hat. Es soll sehr lustig gewesen sein, wie er einmal bei einem Kongreß in Budapest bei einem Nachtmahl auf dem Blocksberg an einem Mondscheinabend, als unerwartet Dr. Steiner in die Gesellschaft kam, vor Schrecken mit seinem Krügel hinter einem Bierfaß sich versteckte (obwohl Dr. Steiner darüber nicht böse gewesen wäre).

Er ist vielleicht nicht der größte gegenwärtige Geistesforscher, aber er allein hat die Aufgabe bekommen, die Theosophie mit der Wissenschaft zu vereinigen. Daher weiß er auch alles. - In sein Heimatsdorf kam einmal ein Botaniker, ein großer okkulter Meister. Der erleuchtete ihn. - Daß ich Dr. Steiner aufsuchen werde, wurde mir von der Dame als beginnende Rückerinnerung ausgelegt. - Der Arzt der Dame hat, als sich bei ihr die Anfänge einer Influenza zeigten, Dr. Steiner um ein Mittel gefragt, dieses der Dame verschrieben und sie damit gleich gesund gemacht. - Eine Französin verabschiedete sich von ihm mit »Au revoir«. Er schüttelte hinter ihr die Hand. Nach zwei Monaten starb sie. Noch ein ähnlicher Münchener Fall. - Ein Münchener Arzt heilt mit Farben, die Dr. Steiner bestimmt. Er schickt auch Kranke in die Pinakothek mit der Vorschrift, vor einein bestimmten Bild eine halbe Stunde oder länger sich zu konzentrieren.

Atlantischer Weltuntergang, lemurischer Untergang und jetzt der durch Egoismus. - Wir leben in einer entscheidenden Zeit. Der Versuch des Dr. Steiner wird gelingen, wenn nur die ahrimanischen Kräfte nicht überhand nehmen. - Er ißt zwei Liter Mandelmilch und Früchte, die in der Höhe wachsen. - Er verkehrt mit seinen abwesenden Schülern vermittelst Denkformen, die er zu ihnen ausschickt, ohne sich nach der Erzeugung weiter mit ihnen zu beschäftigen. Sie nutzen sich aber bald ab und er muß sie wieder herstellen.

Frau F.: »Ich habe ein schlechtes Gedächtnis.«
Dr. St.: »Essen Sie keine Eier.« - Franz Kafka, Tagebücher (26. März 1911) Frankfurt am Main 1967

 

Doctor Id genus omne Motanabbi

 

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