onnergrollen
Ich mache eine Fußwanderung durch ein gebirgiges Land, das für ziemlich
gefährlich gilt. Nachdem ich lange marschiert bin, komme ich in Delphi an (das
ich in der Wirklichkeit besucht habe). Hinter den Ruinen des Tempels dehnt sich,
soweit die Blicke reichen, eine unzählige Folge von Wüsten. Am Ende jeder einzelnen
Wüste erhebt sich wie eine Grenzschranke eine Gebirgskette. Hinter dieser Gebirgskette
liegt noch eine Wüste, die wiederum von einer Gebirgskette begrenzt wird, die
eine weitere Wüste verbirgt, und so fort. Erst die Gesamtheit dieser Wüsten
bildet die eigentliche Wüste, die WÜSTE an sich. Aber zwischen dem Durcheinander
der Säulenstümpfe und diesen kahlen Räumen liegt eine tiefe Schlucht,
die ich nicht überschreiten kann. Ihre Wände — so steil abbrechend, daß sie
absolut vertikal aussehen — scheinen von einer beständigen Hin- und Herbewegung
belebt, eine im Gegensinn der anderen. Die Luft im Abgrund wird von dieser unaufhörlichen,
gleichförmig wiederholten Doppelverschiebung dieser flachen Mühlsteine
zusammengedrückt und gibt ein unheilvolles Geräusch von sich, vergleichbar einem
vulkanischen Grollen oder dem Krachen des Donners. Aber in Wirklichkeit sind,
scheint es, die Seitenwände der Schlucht ganz unbeweglich und nur der in dem
Abgrund verfangene Wind ist die Ursache des Geräusches.
Kurz nachdem diese Wahrheit erkannt ist, schleudern bärtige Männer — wahrscheinlich
Priester des Tempels — ungeheure Marmorkugeln in den Abgrund. Wenn sie unten
ankommen, zersplittern diese Steinbälle mit gewaltigem Lärm in tausend Stücke. - Traum,
geträumt
im Jahre 1928, nach (
leiris3
)
Donnergrollen
(2) Bey den Soldaten hatte das Übermaß an weißen Rüpgen
eine forchtbare Kackerey verursacht und ein derartig Bauchweh, daß sie nicht
konnten schlafen. Im Lager hörte mann nächtens lautes Rumoren wie von Donner
und Windt, und die Kastellazzesen beobachteten an der Wehrmauer den Himmel,
um zu sehen, ob es wollt regnen. Doch der Himmel war klar, und die Sterne leuchteten.
Auch des Tags kamen sie und suchten nach Wolken am strahlenden Himmel, alldieweyl
das Donnerrollen zu allen Stundten war vernehmbar. Dann aber sahen sie Bellaughs
Soldaten, die, einer nach dem andren, hinter einen Hollerbusch loffen und laute
Trompetenstösz alswie von Windt und Donnergetöse von sich gapen. Und also fiengen
sie an zu begreyffen und schüttelten sich vor Lachen und spuckten die Knochen
der Thiere hinunter, die sie hatten gegessen.
- Luigi Malerba, Pataffio. Berlin 1988
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