Er wurde geschmiedet in Toledo, gegen Ende des vergangenen Jahrhunderts; Luis Meliän Lafinur gab ihn meinem Vater, der ihn aus Uruguay heimbrachte; Evaristo Carriego hielt ihn einmal in der Hand.
Alle, die ihn sehen, müssen ein wenig mit ihm spielen; man spürt, daß sie ihn schon lange gesucht haben; die Hand beeilt sich, den Griff zu drücken, der auf sie wartet; die gehorsame und machtvolle Klinge paßt genau in die Scheide.
Der Dolch will etwas anderes.
Er ist mehr als eine aus Metallen verfertigte Gestalt; die Menschen erdachten und formten ihn zu einem sehr genauen Zweck; in gewisser Weise ist er ewig, der Dolch, der gestern abend einen Menschen in Tacuarembó tötete, und die Dolche, die Caesar trafen. Er will töten, er will jähes Blut vergießen.
In einer Schublade des Schreibtisches, zwischen Notizheften und Briefen, träumt der Dolch unaufhörlich seinen einfachen Tigertraum, und die Hand erwacht, die ihn führt, denn das Metall erwacht, das Metall, das in jeder Berührung die Tötung eines Menschen verspürt, für die die Menschen es schufen.
Bisweilen bedaure ich ihn. So viel Härte, so viel Glauben, so viel gleichgültiger
oder unschuldiger Hochmut, und die Jahre verstreichen, nutzlos. -
Jorge Luis Borges, Kabbala und Tango. Essays. Frankfurt am Main 1991
Dolch (2)
Ist das ein Dolch. Der Griff sucht meine Hand. |
- Heiner Müller, Shakespeare Factory 1, Macbeth. Berlin 1985 (zuerst
1971)
Dolch (3)
Ist das ein Dolch, was ich vor mir erblicke, |
- Shakespeare, Macbeth
Dolch (4)
Nun will ihm Rüd'ger keine Zeit mehr geben, Durch seine Wunden in der Seit' und Lende Der wilde Mohr, den Zorn und Grimm durchtoben, So lange wechselt Rüdiger im Streite Mit Griffen ab, bis er den Feind umfaßt. Er drückt die Brust ihm an die linke Seite Und preßt ihn dort mit seiner ganzen Last, Setzt nun das rechte Bein ihm in der Breite Vor beide Knie und drängt ihn ohne Rast, Hebt von der Erd' empor den starken Recken Und eilt, ihn köpflings auf den Platz zu strecken. Mit Kopf und Rücken schlägt der Mohr so kräftig Der Erde Grund, daß bei des Schlags Gewalt Der Wunden Blut, wie aus dem Springquell, heftig Aufspritzend, rot das Erdreich überwallt. Beim Schöpf faßt Rüdiger das Glück geschäftig, Kniet auf den Bauch, packt ihm die Kehl' alsbald, Läßt seinen Dolch ihm vor den Augen schweben Und hindert so den Feind, sich zu erheben. Wie wenn in Ungarns, in Iberiens Schachten, Den spitzen Dolch zeigt Rüdiger dem Heiden, So wie ein Schafhund unterm Bullenbeißer, Doch muß es ihm durch Drehn und Zerren glücken, Und zwei-, dreimal, den Arm aufs höchste schwingend, |
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Dolch (5) Einmal kam ich zu ihr, da zeigte
sie mir einen Dolch mit silbernem Griff, den sie auf der Messe gekauft hatte,
sie freute sich über den schönen Stahl und über seine Schärfe; ich nahm das
Messer in die Hand und probte es am Finger, da floß gleich Blut, sie erschrak,
ich sagte: »O Günderode, du bist so zaghaft und kannst kein Blut sehen und gehest
immer mit einer Idee um, die den höchsten Mut voraussetzt, ich hab' noch das
Bewußtsein, daß ich eher vermögend wär', etwas zu wagen, obschon ich mich nie
umbringen würde; aber mich und dich in einer Gefahr zu verteidigen, dazu hab'
ich Mut; und wenn ich jetzt mit dem Messer auf dich eindringe siehst du, wie
du dich fürchtest?« – Sie zog sich ängstlich zurück; der alte Zorn regte sich
wieder in mir unter der Decke des glühendsten Mutwills; ich ging immer ernstlicher
auf sie ein, sie lief in ihr Schlafzimmer hinter einen ledernen Sessel, um sich
zu sichern; ich stach in den Sessel, ich riß ihn mit vielen Stichen in Stücke,
das Roßhaar flog hier und dahin in der Stube, sie stand flehend hinter dem Sessel
und bat, ihr nichts zu tun; ich sagte: »Eh' ich dulde, daß du dich umbringst,
tu' ich's lieber selbst.« »Mein armer Stuhl!« rief sie. »Ja was, dein Stuhl,
der soll den Dolch stumpf machen.« Ich gab ihm ohne Barmherzigkeit Stich auf
Stich, das ganze Zimmer wurde eine Staubwolke, so warf ich den Dolch weit in
die Stube, daß er prasselnd unter das Sofa fuhr; ich nahm sie bei der Hand und
führte sie in den Garten in die Weinlaube, ich riß die jungen Weinreben ab und
warf sie ihr vor die Füße; ich trat darauf und sagte: »So mißhandelst du unsre
Freundschaft.« - Bettine von Arnim an Frau Rat Goethe
Dolch (6)
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