irektor   In einem hellen Büro saß ein Mann, der schon etwas kahlköpfig war, obwohl er nicht viel älter als dreißig sein konnte, mit einer langen Zigarettenspitze im Mund, vor einem Aktenstapel, während eine Stenotypistin auf sein Diktat wartete.

»Der Direktor der Frachtabteilung«, sagte Ducrau, und der Mann erhob sich hastig.

»Lassen Sie sich nicht stören, Monsieur Jaspar«, fügte der Reeder hinzu. Er betonte das Wort »Monsieur«. »Sagen Sie mir nur noch einmal, was Sie jeden Abend tun, denn Sie sind doch Meister in irgend etwas, wenn ich mich recht erinnere.«

»In Kreuzworträtseln.«

»Ach ja! Richtig! Hören Sie, Herr Kommissar? Monsieur Jaspar, der mit zweiunddreißig Jahren Direktor der Frachtabteilung ist, ist Meister in Kreuzworträtseln.« Er hatte das langsam und deutlich gesagt, und dann schlug er die Tür laut zu, stellte sich vor Maigret und sah ihm in die Augen.

»Haben Sie sich diesen Gimpel angesehen? Unten  und im zweiten Stock gibt es noch mehr von der Sorte. Alle sind gut angezogen, sind anständig und das, was man arbeitsam nennt. Und jetzt fragt sich Monsieur Jaspar gewiß beklommen, was er getan hat, um mir zu mißfallen. Die Stenotypistin wird den Zwischenfall im ganzen Hause erzählen, und zehn Tage lang werden sie daran lutschen wie an einem Bonbon. Weil ich ihnen den Titel Direktor gebe, bilden sie sich bieder ein, sie leiteten etwas!«   - Georges Simenon, Maigret in Nöten. München 1974 (Heyne Simenon-Kriminalromane 45, zuerst 1933)

Direktor (2) Der Mann ist hübsch und nett, nach Leiblichkeit, Aussehen und Stimme ein Unterpräfekt, der auf den Abendgesellschaften des kaiserlichen Staatsanwaltes singt. Er ist zufrieden mit sich, zufrieden mit den anderen. Von allem spricht er mit einem Lächeln. Dieser Mann an der Spitze einer kleinen Stadt am Zusammenströmen so großen Elends, wo sich eine Strafanstalt für Frauen, ein Irrenhaus und ein Jugendgefängnis ein Stelldichein geben, wirkt in diesem von Tränen schweren Regierungsbezirk genau wie der Tanzplatz neben dem Kerker: er grünt, lacht, hat ein herzförmiges Mündchen. Er reicht den Damen den Arm, wenn er die Höllenkreise seines Arrondissements vorführt, als führe er sie zum Büffet eines Soupers. Er macht auf eine ganz liebenswürdige, ganz joviale Art die Honneurs all dieses Grauens. Er leitet das alles frohgemut, unentwegt. Er unterschreibt zwischen zwei Gassenhauerstrophen die Überweisung einer Strafgefangenen in das Irrenhaus. Er ist so fröhlich wie sein Friedhof. - (gon)

Direktor (3)   Jeden Abend. Punkt sechs Uhr ging der Herr Direktor ins Dorf Randlingen zu seinem Freunde, dem Metzger und Bärenwirt Fehlbaum, einer Stütze der Bauernpartei. Dort trank er einen Dreier Wyssen, manchmal zwei, hin und wieder drei. Zweimal im Monat trank sich der Herr Direktor einen Rausch an, aber man merkte es nicht... Er trug eine große Lodenpelerine und einen breitrandigen schwarzen Künstlerhut. .. Übrigens machte er gewöhnlich die Gutachten über die chronischen Alkoholiker. Da war er sicher kompetent.. . Das heißt, das stimmt auch nicht ganz. Er begann sie, die Gutachten nämlich, und dann wurde ihm die Sache zu langweilig, und ich durfte sie fertig schreiben. Ich tat es gern, denn ich kam sonst gut mit dem Herrn Direktor aus. Wenn ich die Sache nicht ganz ernst behandle, Studer, müssen Sie das entschuldigen. Der Herr Direktor hatte nämlich eine Vorliebe für hübsche Pflegerinnen, und die Meitschi waren sehr geschmeichelt, wenn der Herr Direktor ihnen sein Wohlgefallen ausdrückte, etwa mit einem kleinen Kneifen in die Wange oder mit einem sanften Tätscheln, das der Bewunderung für die Rundung ihrer Formen einen adäquaten Ausdruck verleihen sollte . .. Item, wie der Erzähler sagt, gestern um zehn Uhr wurde der Herr Direktor während unseres kleinen Festes ans Telephon gerufen, und seither ist er verschwunden. - Friedrich Glauser, Matto regiert. In: F. G.: Kriminalromane. Berlin 1990 (zuerst ca. 1936)

Direktor (4)

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