ienstmädchen  Der Aneignungsfanatismus übt seine stärkste und raffinierteste Wirkung im kleinen, in der Zermürbung von Vertrauensbeziehungen. Er nagt an der Wurzel unserer gesellschaftlichen Existenz. Da sind besonders die Dienstmädchen; man ist wehrlos gegen sie. Ich berechne ein Fünftel meiner Einnahmen als Opfer für den neuen Kult; die Inbrunst meiner Dienstmädchen soll dabei noch nicht groß sein.   - (poot)

Dienstmädchen (2)  Berta war ein schönes, sehr energisches Mädchen. Ich glaube, ihretwegen gab es zwischen meinen Eltern eine Zeitlang heftige Auseinandersetzungen. Die wurden zwar im Nebenzimmer geführt. Aber wir hörten aus dem Unverständlichen doch das Wesentliche heraus und waren über dieses, wenn auch nur kurze Zerwürfnis zwischen Vater und Mutter sehr unglücklich. Ich besinne mich, daß ich dazukam, als meine Mutter sich aus dem Fenster stürzen wollte, und daß ich aufschluchzend ihre Füße umklammerte.

Berta wurde entlassen. Später machte sie sich als Löwenbändigerin einen großen Namen. Der Höhepunkt ihrer Schaunummer war, wenn sie ihren Kopf in den Rachen eines Löwen hielt. Dabei soll sie eines Tages umgekommen sein. Cläre Heliot nannte sie sich als Artistin. Sie oder ein anderes robustes Dienstmädchen war es, der ich einmal, als meine Eltern nicht daheim waren, plötzlich an die Beine griff. Meine Männlichkeit war erwacht und brachte mir sofort eine schallende Ohrfeige ein.  - Joachim Ringelnatz, Mein Leben bis zum Kriege. Reinbek bei Hamburg 1972 (zuerst 1931)

Dienstmädchen (3)  

- Georges Pichard

Dienstmädchen (4)  Eine zum Beispiel hatte, noch beim Auspacken, nichts Dringlicheres zu fragen, als wo die Kaserne sei. Eine andere, ein hübsches Kind und wohlerzogen, das offenbar eine Pechsträhne hierhergeführt hatte, war mannstoll bis zu einem Grade, daß, wenn es sie »überkam«, wie sie es nannte, sie alles stehn und liegen ließ. Sie rannte dann zum Bahnhof, um den nächsten Zug nach Paris zu erwischen, wo sie sich durch ihren Liebsten beruhigen ließ. Eine Dritte kam, als wir nicht mehr an der Place de la Republique wohnten, sondern No. 12 oder 14 der Rue de l'Ouest, Clotilde, fünfzehn oder sechzehn Jahr alt, mit einem Engelsgesicht, Tochter einer alten Frömmlerin aus der Umgegend. Sie war als Hilfe meiner Stiefmutter engagiert, die ihren Sohn bekommen hatte, und da im Hause keine Kammer frei war, ließ man sie bei mir schlafen. Das war um 1885; ich war dreizehn Jahre alt. Mein Vater hielt immer eine Menge Hunde, und eben zu dieser Zeit brachte eine Hündin Welpen zur Welt. Es gibt kein reizenderes Spielzeug als diese kleinen Tapse, und oft nahmen Clotilde und ich einen oder zwei zu uns mit hinein. Nun, eines schönen Abends, als wir uns gerade hingelegt hatten, und ich, bereits im Halbschlaf, meine Hand ausstreckte, bekam ich ein kleines Wesen zu fassen, das sich warm und wollig hineinschmiegte.

»Ei, du hast einen mit ins Bett genommen?« fragte ich Clotilde, indem ich es hin- und herstreichelte. Sie murmelte mit benommener Stimme etwas Unverständliches, und, während ich meine Liebkosungen fortsetzte, spürte ich, wie das Wesen darauf einging, ja sie ermutigte. Man wird sich kaum darüber wundern nach allem, was ich hier auskrame. Trotz dieser Gefälligkeiten verharrte ich in meinem Irrtum, kehrte ihr den Rücken und schlief ein.   - Paul Léautaud, In memoriam. Übs. Ernst Jünger. Stuttgart, Zürich 1980 (zuerst 1905)

 

Mädchen Dienstboten

 

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