Dienstbotenproblem   Sie ging zu Mardschâna und sprach zu ihr: ,Ich möchte heute nacht aufbrechen; wie aber soll ich gegen das Schicksal kämpfen? Schon fühle ich die Wehen der Geburt, und wenn ich noch vier oder fünf Tage bleibe, so werde ich hier niederkommen und außerstande sein, die Reise in mein Land zu machen. Aber dies war mir auf der Stirn geschrieben.' Dann überlegte sie eine Weile und sprach: ,Suche uns einen Mann, der mit uns geht und der uns unterwegs bediene; denn ich habe nicht die Kraft, die Waffen zu tragen!' ,Bei Gott,' erwiderte Mardschâna, ,meine Herrin, ich weiß keinen als einen schwarzen Sklaven namens el-Ghadbân1; der gehört zu den Sklaven des Königs 'Omar ihn en-Nu'mân und ist ein tapferer Kerl, und er hält Wache am Tore unseres Palastes. Der König ernannte ihn zu unserem Dienst, und wir haben ihn mit unserer Gunst überschüttet; daher will ich hin-gchn und mit ihm darüber reden. Ich will ihm etwas Geld versprechen und ihm sagen, wenn er bei uns bleiben wolle, so würde ich ihm die Frau geben, die er sich wünsche. Er hat mir früher einmal erzählt, er sei ein Wegelagerer gewesen; und wenn er bereit ist, so werden wir unser Ziel erreichen und in unser Land gelangen.' Sie entgegnete: ,Rufe ihn zu mir, daß ich mit ihm rede!' Da ging Mardschâna hin und rief: ,O Ghad-bän, Gott gebe dir Glück, wenn du einwilligst in das, was meine Herrin dir sagen wird!' Und sie nahm ihn bei der Hand und führte ihn zu der Prinzessin. Als er sie sah, küßte er ihr die Hände; doch als sie ihn erblickte, da erschrak ihr Herz vor ihm, und sie sprach bei sich selber: /Wahrlich, die Not gibt ihr eigenes Gesetz.' Und sie trat zu ihm, um mit ihm zu reden; und obwohl ihr Herz vor ihm erschrocken war, sprach sie dennoch zu ihm: ,O Ghadbân, sprich, willst du uns gegen die Tücke des Schicksals helfen und mein Geheimnis bewahren, wenn ich es dir entdecke?' Wie der Sklave sie nur anschaute, wurde sein Herz von ihr gewonnen, und er entbrannte sofort in Liebe zu ihr; so konnte er nur entgegnen: ,O Herrin, wenn du mir etwas befiehlst, will ich davonnicht weichen.' Da sprach sie: ,Ich will, daß du noch in dieser Stunde mich und diese meine Dienerin nimmst, daß du uns zwei Kamele sattelst, und zwei von des Königs Pferden, und daß du auf jedes Pferd eine Sattcltasche mit Geld und Zehrung legst und mit uns ziehestin unser Land; und wenn du dann bei uns bleiben willst, so will ich dich mit einer meiner Sklavinnen verheiraten, die du dir aussuchen sollst. Wenn du aber lieber in dein eigenes Land zurückkehren willst, so wollen wir dich verheiraten und dir geben, was du verlangst; dann kannst du in dein Land heimkehren, nachdem du so viel Geld erhalten hast, daß du damit zufrieden bist.' Als el-Ghadbân, diese Worte hörte, freute er sich sehr und sprach: ,O Herrin, ich will euch beiden herzlich gern dienen und mit euch ziehen; die Pferde will ich gleich satteln.' . So ging er freudig fort und sprach bei sich selber: ,Ich werde schon meinen Willen an ihnen durchsetzen; und wenn sie mir nicht zu Willen sind, dann töte ich sie beide und nehme ihr Geld.' Diese Absicht verbarg et tief in seinem Innern, ging dahin und kehrte alsbald mit zwei Kamelen und drei Pferden zurück, von denen er eines selber ritt. Dann trat er zur Prinzessin Abriza und brachte ihr ein Pferd, und sie stieg auf und ließ Mardschâna auf das dritte Pferd steigen. Aber die Prinzessin litt große Schmerzen durch die Wehen und konnte sich vor übergroßer Qual kaum noch beherrschen. Nun zog der Sklave mit ihnen dahin, Tag und Nacht, durch das Land zwischen den Bergen, bis nur noch ein einziger Tagesmarsch zwischen ihnen und ihrem Lande lag. Da aber kamen die Wehen über die Prinzessin, und sie konnte sie nicht mehr zurückhalten; so sprach sie zu el-Ghadbân: ,Laß mich absteigen, denn die Wehen haben mich gepackt'; und der Mardschäna rief sie zu: .Steig ab und setze dich zu mir und entbinde mich!' Alsbald stieg Mardschâna ab von ihrem Pferde, und el-Ghadbân tat desgleichen; sie banden die Zügel der beiden Pferde fest und halfen der Prinzessin absteigen, die fast bewußtlos war vor dem Übermaß der Schmerzen. Als aber el-Ghadbân sie auf dem Boden sah, da drang Satan in ihn ein, und er zog sein Schwert vor ihrem Antlitz und sagte; ,O Herrin, gewähre mir deine Gunst.' Doch als sie seine Worte horte, da sah sie ihn. an und sagte: ,Es bliebe nur noch übrig, daß ich mich Negersklaven hingäbe, nachdem ich mich Königen und Helden verweigert habe!'--«  Da bemerkte Schehrezâd, daß der Morgen begann, und sie hielt in der verstatteten Rede an. Doch als die Zweiundfünfzigste Nacht anbrach, fuhr sie also fort: »Es ist mir berichtet worden, o glücklicher König, daß Prinzessin Abrîza, während sie zu dem schwarzen Sklaven el-Ghadbân sagte: ,Es bliebe nur noch übrig, daß ich mich Negersklaven hingäbe, nachdem ich mich Königen und Helden verweigert habe!' vor Zorn entbrannte und dann rief: ,Pfui über dich! Was für Worte redest du da zu mir. Pfui! Nimm so etwas nicht in den Mund in meiner Gegenwart! Wisse, nie werde ich etwas von dem gewähren, was du verlangst, und müßte ich auch den Becher des Todes leeren. Warte, bis ich das Ungeborene und mich selbst befreit habe und von der Nachgeburt entbunden bin; wenn du dann noch dazu imstande bist, so tu mit mir, was du willst. Doch wenn du jetzt nicht dein geiles Reden lassest, so werde ich mich wahrlich, mit eigener Hand erschlagen und von der Welt scheiden; dann habe ich Ruhe vor alldem.' Und sie sprach die Verse:

Ghadbân, laß ab von mir! Genug hab ich gelitten
Vom Unbill der Geschicke und der grausamen Zeit.
Unzüchtiges Gebaren hat Gott der Herr verboten;
Er sprach:, Wer mir nicht folgt, ist dem Höllenfeuer geweiht,'
Fürwahr, ich werde nie zu schlechtem Tun mich neigen;
Nein, das verachte ich. Laß mich, sieh mich nicht an!
Lassest da mich mit deiner Gemeinheit nicht in Ruhe
Und wahrst nicht meine Ehre um Gottes willen, dann
Ruf ich mit aller Kraft die Mannen meines Volkes
Und hole sie alle, die Nahen, und auch die Fernen herbei.
Und würde ich auch zerschlagen mit einem jemenischen Schwerte,
Nie zeigte ich einem gemeinen Kerle mein Antlitz frei,
Keinem von allen Freien und Leuten aus edlem Geschlecht -
Und wieviel weniger noch einem Bastard und elenden Knecht!

Als el-Ghadbân diese Verse hörte, da ergrimmte er gewaltig; seine Augen wurden rot vor Wut, und seine Farbe wurde fahl; seine Nüstern schwollen, seine Lippen quollen, und doppelt widerwärtig wurde sein Angesicht. Und da sprach er auch noch dieses Gedicht:

O du, Abrîza, weh, laß mich doch nicht alleine!
Mich tötete die Liebe durch deinen Schwerterblick.
Mein Herz ist schon zerschnitten, weil du dichgrausam weigerst,
Mein Leib ist dünn geworden, Geduld weicht mir zurück.
Dein Auge hat die Herzen durch Zauberei gefangen;
Und mein Verstand rückt aus, die Sehnsucht naht sich mir.
Und holtest du auch die Fülle der Erde als Heer zusammen,
Ich tue meinen Willen in diesem Augenblick, hier!

Wie Abrîza diese Worte hörte, weinte sie bitterlich und sprach zu ihm: ,Pfui über dich, Ghadbân! Wie darf deinesgleichen ein solches Ansinnen an mich stellen? Du Bastardbrut und Tunichtgut! Glaubst du, die Menschen sind alle gleich schlecht?' Beim Anhören dieser Worte wurde der elende Knecht nur noch zorniger, und seine Augen wurden noch röter; er trat zu ihr hin und schlug mit seinem Schwert in ihre Halsadern und verwundete sie zu Tode. Dann nahm er das Geld, ritt mit ihrem Pferd eiligst davon und entfloh in das Gebirge.

1. Der Zornige.

 - (1001)

Dienstbotenproblem (2)  Der Diener des Chans  führte ihn zum Basar und legte ihn dort nieder; alsbald sammelte sich das Volk von Jerusalem um ihn, und alle waren zu Tränen gerührt, als sie seinen Zustand sahen. Da machte er ihnen Zeichen, daß er etwas essen möchte; und sie holten für ihn einiges Geld von den Kaufleuten, die sich im Basar befanden, und kauften Nahrung und speisten ihn damit; dann trugen sie ihn in einen Laden, wo sie eine Matte aus Palmblättern für ihn ausbreiteten, und setzten ihm zu Häupten eine Kanne Wassers hin. Als die Nacht hereinsank, gingen alle die Leute fort, obgleich sie in schwerer Sorge um ihn waren; doch um Mitternacht dachte er an seine Schwester, und da wurde seine Krankheit wiederum heftiger, so daß er von da ab nicht mehr aß noch trank und das Bewußtsein verlor. Nun gingen die Leute im Basar hin und sammelten unter den Kaufleuten dreißig Silberdirhems, mieteten ein Kamel für ihn und sagten zu dem Treiber: ,Bringe diesen Kranken nach Damaskus und lasse ihn dort im Hospital; vielleicht wird er geheilt und wieder gesund.' ,Gern!' erwiderte der Treiber; doch bei sich selber sprach er: ,Wie soll ich diesen Kranken, der dem Tode nahe ist, nach Damaskus bringen?' So schaffte er ihn an einen Ort, wo er sich bis zum Einbruch der Nacht mit ihm verbarg; dann aber warf er ihn auf den Misthaufen bei dem Heizraum eines Badehauses und ging seiner Wege.  - (1001)
 

Dienstboten Problem

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