Dichterlohn  Wie oft habe ich gedacht, daß es vielleicht irgendwo (wer weiß es schließlich?), um so viel Mut, so viel Geduld und so viel Mühe zu belohnen, ein eigenes Paradies für die braven Hunde, die armen Hunde, die kotbespritzten und verzweifelten Hunde geben könnte. Swedenborg behauptet fest, daß es eins für die Türken und eins für die Holländer gebe.

Die Hirten Vergils und Theokrits erwarteten als Preis für ihre Wechselgesänge einen guten Käse, eine Flöte von der Hand des besten Flötenmachers oder eine Ziege mit geschwellten Eutern. Der Dichter, der die armen Hunde besungen hat, erhielt als Belohnung eine schöne Weste von ebenso reicher wie vergilbter Farbe, die an die herbstlichen Sonnen, an die Schönheit der reifen Frauen und an die Altweiber-Sommer denken läßt.

Keiner von den Gästen, die in dem Wirtshaus der Villa-Hermosastraße zugegen waren, wird vergessen, mit welchem Ungestüm der Maler sich seiner Weste für den Dichter entledigte, so gut hatte er begriffen, daß es gut und ehrenhaft war, die armen Hunde zu besingen.

So auch bot ein prachtliebender italienischer Gewaltherrscher aus der guten alten Zeit dem göttlichen Aretino einen mit Edelsteinen reich verzierten Dolch oder einen Hofmantel dar, im Austausch gegen ein kostbares Sonett oder ein schön gelungenes satirisches Gedicht.

Und jedesmal, wenn der Dichter die Weste des Malers anzieht, muß er an die braven Hunde denken, an die philosophischen Hunde, an die Altweiber-Sommer und an die Schönheit der sehr reifen Frauen.   - Charles Baudelaire, Die Tänzerin  Fanfarlo. In: C. B., Die Tänzerin Fanfarlo und Der Spleen von Paris. Zürich  1977 (detebe 20387)

 

Dichter Lohn

 

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