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Selby Le Fournier, der konservative französische Kommentator,
Hat (in seinem De Selby ~ Dieu ou Homme?) erschöpfend über die weniger
wissenschaftlichen Aspekte von de Selbys Persönlichkeit geschrieben und mehrere
Mängel und Schwächen aufgezeigt, die nur schwer mit seiner hervorstechenden
Bedeutung als Physiker, Ballistiker, Philosoph und Psychologe in Einklang zu
bringen sind. Obwohl er den Schlaf als solchen nicht
anerkannte, sondern es statt dessen vorzog, das Phänomen als eine Serie von
»Anfällen« und Herzattacken anzusehen, trug ihm seine
Angewohnheit, in der Öffentlichkeit einzuschlafen, die Feindschaft zahlreicher
gelehrter Köpfe niederen Kalibers ein. Diese Schlafzustände fanden in belebten
Passagen statt, bei Banketten, sowie - zumindest in einem belegten Fall - in
einer öffentlichen Bedürfnisanstalt. (Du Garbandier
hat letzterem Vorfall in seiner pseudowissenschaftlichen »Revision« zu übelwollender
Publizität verholfen, als er die Verhandlungen des Untersuchungsgerichts wiedergab
und dem Ganzen eine boshafte Einführung voranstellte, die den moralischen Charakter
des Weisen in Ausdrücken angreift, welche, so unmäßig sie im einzelnen sein
mögen, immerhin keine Mißverständnisse zulassen.) Zwar trifft es zu, daß sich
einige dieser Schlafzustände auf den Konferenzen gelehrter Gesellschaften zutrugen,
als man den Physiker gebeten hatte, seine Ansichten zu einem abstrusen Problem
zu äußern, will man aber du Garbandier folgen, so sind diese Zustände nie »übermäßig
opportun« gewesen.
Eine weitere Schwäche de Selbys war seine Unfähigkeit, zwischen
Männern und Frauen zu unterscheiden. Nach jenem berühmten Zwischenfall, als
ihm die Gräfin Schnapper vorgestellt worden war (ihr Glauben über Überalles
wird immer noch gelesen), erwähnte er immer wieder in schmeichelhafter Absicht
»diesen kultivierten alten Herrn«, den »geriebenen alten Kracher« und so weiter.
Alter, intellektuelle Fertigkeiten und Kleidung der Gräfin mochten dies bei
jedem, der schlechte Augen hat, als verzeihlichen Irrtum erscheinen lassen;
trotzdem steht zu befürchten, daß sich dasselbe nicht zur Erklärung anderer
Vorfälle sagen läßt, in deren Verlauf junge Ladenmädchen, Kellnerinnen u. dergl.
öffentlich als »Jungens« angesprochen wurden. In den wenigen Hinweisen, die
er uns auf seine mysteriöse Familie gibt, nannte er seine Mutter »einen sehr
vornehmen Gentleman» (Lux Mundi, S. 307), »einen Mann von strengen Gewohnheiten«
(ebd., S. 308) und »ein Bild von einem Manne« (Kraus: Briefe, S. XVII). Du
Garbandier hat dieses bedauerliche Gebrechen (in seiner außergewöhnlichen
Histoire de Notre Temps) zum Anlaß genommen, nicht nur die schicklichen Grenzen
wissenschaftlichen Kommentierens, sondern sämtliche, bekannten Horizonte menschlichen
Anstands zu überschreiten. Indem er sich die Laxheit der französischen Gesetzgebung
bei der Behandlung zweifelhafter oder obszöner Tatbestände zunutze machte, brachte
er ein Pamphlet hervor, das in der Maske einer wissenschaftlichen Abhandlung
über sexuelle Idiosynkrasien de Selby mit voller Namensnennung als das verworfenste
aller Ungeheuer in Menschengestalt anklagt. - (obr)
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