auerwelle
Studer ertappte sich bei einem nichlsnutzigen Gedanken: er dachte, das Hirn
der Jungfer habe wohl ebenso Dauerwellen wie die Haare ... Die Dauerwellen?
Die Gefühlsregungen waren in einer Form erstarrt. Das Mädchen konnte keinen
Mann sehen, ohne sogleich, selbsttätig wie ein Automat, »in Liebe zu fallen«,
wie der Engländer sagte. Mochte es ein Kranker sein (wie der Rechsteiner), oder
ein Halbwilder {wie der Velohändler), oder ein Vorgesetzter (wie der ermordete
Stieger)... Wer aber war der Coiffeur, der das Gehirn so behandelt hatte? Den
brauchte man nicht weit zu suchen. Kein Mensch war es, ein Geist eher, der verschiedene
Formen anzunehmen wußte und in vielen Zungen sprach. Im Kino zitterte er über
die Leinwand, in Operetten sang er und in den Schlagern; er redete in den Romanen,
sprach aus dem Grafensohn, dem Assessor, der Komtesse. Und dann geschah es wie
im Märchen: sein Singen versteinte das Herz, sein Tanzen verhärtete den Geist,
sein Schwätzen frisierte die Gefühle — was blieb zurück? Dauerwellen im Hirn
. . . - Friedrich Glauser, Krock und Co. In: F. G., Kriminalromane.
Berlin 1990
Dauerwelle (2)
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