Daueromelett  Zu Haus saßen Lan und die Kinder und warteten auf ihn. Doch hat Johnny nie gewußt, was es heißt, auf jemanden zu warten und er kann sich auch nicht vorstellen, daß jemand auf ihn warten könnte. Auch die Art und Weise, wie er Lan sitzenließ, war echt Johnny. Ich habe die Ansichtskarte gesehen, die er ihr aus Rom schickte, nachdem er bereits vier Monate weg war (er war mit zwei anderen Musikern in ein Flugzeug gestiegen, ohne daß Lan etwas davon ahnte). Die Ansichtskarte zeigte Romulus und Remus, die Johnny schon immer sehr gefallen hatten (eine seine Schallplatten heißt so), und er schrieb: »Ich bin einsam inmitten vieler Lieben«, was eine Zeile aus einem Gedicht von Dylan Thomas ist, den Johnny immerfort liest. Seine Agenten in Amerika kamen überein, einen Teil von Johnnys Einnahmen einzubehalten und Lan zukommen zu lassen, die bald begriff, daß sie da mit, daß sie Johnny freigab, gar kein schlechtes Geschäft gemach hatte. Irgend jemand hat mir erzählt, daß die Marquise auch Lan Geld zukommen läßt, ohne daß diese ahnt, woher es kommt. Das wundert mich nicht, denn die Marquise ist irrsinnig großzügig und begreift die Welt ein wenig als die Omeletts, die sie in ihren Atelier fabriziert, wenn die Freunde in Scharen kommen; es ist eine Art Daueromelette, in das sie alles mögliche hineintut und von dem sie dann jeweils so viele Portionen brät und anbietet wie gerade gebraucht werden.  - Julio Cortázar, Der Verfolger. In: J. C., Südliche Autobahn. Die Erzählungen Band 2. Frankfurt am Main 1998
 
 

Omelett

 

  Oberbegriffe
zurück 

.. im Thesaurus ...

weiter im Text 
Unterbegriffe

 

Verwandte Begriffe
Synonyme