amenschlafzimmer Soldat
Williams war in jener Nacht nur eine Stunde lang im Schlafzimmer der ›Lady‹ gewesen.
Solange die Party dauerte, wartete er am Rand des Waldes. Als dann die meisten
Gäste sich verabschiedet hatten, blieb er so lange am Fenster des Wohnzimmers
stehen, bis er die Frau des Hauptmanns nach oben und zu Bett gehen sah. Später
ging er, wie er's schon mehrmals getan, ins Haus hinein. Auch diese Nacht schien
der Mond hell und silbern ins Zimmer. Die ›Lady‹ lag auf der Seite, das
ovale Gesicht zwischen den ziemlich derben Händen. Sie trug ein seidenes Nachthemd
und hatte die Decke bis zu den Hüften hinuntergeschoben. Der junge Soldat hockte
sich lautlos neben das Bett. Einmal streckte er vorsichtig die Hand aus und
befühlte mit Daumen und Zeigefinger den glatten Seidenstoff ihres Hemdes. Als
er das Zimmer betrat, blieb er zunächst eine Weile vor dem Toilettentisch stehen
und besah sich die Flaschen, Puderdosen und sonstigen Schönheitsmittel. Ein
Parfümzerstäuber interessierte ihn so sehr, daß er ans Fenster trat und ihn
mit einem verwunderten Gesicht genau untersuchte. Auf dem Tisch stand eine Untertasse
mit einem halbaufgegessenen Hühnerbein. Der Soldat nahm es, roch daran und biß
ein Stück ab. - Carson McCullers, Spiegelbild im goldenen Auge. Zürich 1974 (zuerst 1941)
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