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Und dann standen wir wieder draußen, wo sich an der Kirchenmauer noch
ein niedriger Anbau befand, in den wir ebenfalls hineinguckten. Er war
halb angefüllt mit etwas, das auf den ersten Blick wie große graue Steine
aussah. Zum größten Teil waren die Dinger aufgeschichtet, einige dagegen
lagen in unordentlichen Haufen da, und zwei oder drei, die vielleicht herabgekugelt
waren, fanden sich auf dem Boden verstreut. »Totenschädel«, erklärte der
Küster, »Schädel der alten Dänen! Vor Urzeiten haben sie die Gegend hier
heimgesucht, bis sie eines Tages von Gottes Zorn ereilt wurden und an der
Küste elendiglich scheiterten; die Schädel, die angeschwemmt wurden, sind
hier als Andenken aufbewahrt worden. Früher waren es noch mehr, aber jetzt
nehmen sie rapid ab. Einige müssen seltsamen Kerlen gehört haben. Sehen
Sie nur den da, gnädige Frau, die beiden Jungen können ihn ja kaum aufheben!«
Mein Bruder und ich waren nämlich in das Beinhaus hineingeschlüpft und
hatten angefangen, mit den grausen Überbleibseln zu hantieren. Ein gewaltiger
Totenkopf, der in einer Ecke lag, hatte es uns angetan; diesen hatten wir
hervorgeschleift. Allmächtiger, war das ein Schädel!
Ich sehe ihn noch vor mir, unheimlich und gewaltig; auch von den andern
waren manche auffallend groß und rechtfertigten vollauf die Bemerkung des
Alten, es müsse sich da um seltsame Kerle gehandelt haben, aber verglichen
mit diesem mächtigen Stück Knochen wirkten sie zwergenhaft;
der Schädel mußte zu einem Hünen gehört haben, einem jener rothaarigen
Kämpen, von deren Kraft und Körpergröße die alten nordischen Chroniken
so wundersame Dinge zu berichten wissen und aus deren Grabhügel bisweilen
Dinge ans Tageslicht kommen, die uns kleiner geratene Menschen von heute
mit ehrfürchtigem Staunen erfüllen. Das müssen Männer eines ganz anderen
Schlages gewesen sein, nach den Heldentaten zu urteilen, von denen wir
in der Sagensammlung des Snorri Sturluson lesen, wo zum Beispiel
das Leben des Harald Hardradi beschrieben wird, der nach mannigfachen
Abenteuern zu Land und zu Wasser als Seeräuber und Söldner schließlich
König von Norwegen wurde und bei einem Überfall auf England in der Schlacht
von Stanford Bridge ums Leben kam. Ich habe seither oft gedacht, der alte
Kämpe, dessen moderigen Schädel wir kaum aufzuheben vermochten, müsse mindestens
in einer Hinsicht diesem Harald ähnlich gewesen sein, von dem Snorri
Sturluson behauptet, er sei nicht mehr und nicht weniger als fünf Ellen,
das heißt zwei Meter vierzig, groß gewesen. - George Borrow, Lavengro der Zigeuner-Gentleman (Zürich 1987,
zuerst 1851)
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