adaisten  »Was zuviel ist, ist zuviel.«  Er sah sich um. »Und vom nationalen Standpunkt aus (er lachte höhnisch), diese Dadaisten sind alle von der Entente gemietet, um hier Revolution zu machen. Sehen Sie den an (der Dadasoph war aufgetaucht) - ist der ein Mensch oder ein Tier?« Eine eifrige Diskussion entstand, ob der Dadasoph, der gerade aus einer Versenkung hochkam, ein Mensch oder ein Tier sei. Man entschied sich für das Letztere. Kaum war der Geheimrat verstummt, da begann der große Einzug des dadaistischen Weltgerichts. Es war, als sollte das Gebäude über unserem Kopf zusammenfallen. Unter einem mächtigen Baldachin brachten sie den sogenannten Präsidenten des Weltalls Johannes Baader, einen früheren Schneidergesellen, versehen mit allen Legitimationen des Irrsinns und der dionysischen Beschränktheit. Aus seinen Ohren fiel das heiße Wasser pfundweise, auf das Gesäß hatten sie ihm Boxhandschuhe genäht, in dem er die Motti zu seinem unsterblichen Werk »Das Liebesleben der Dadaisten« verwahrt haben soll. Dicht neben dem Präsidenten hielten sich der Dadasoph Hausmann und jener Huelsenbeck, dem man die Gründerschaft dieses ganzen Unfugs zuschreibt. Der Dadasoph ritt auf einer Eule, dem Tier der Weisheit, und hatte die Symbole Zarathustras, die Schlange und den Adler, in seiner Hand. »Die Welt als Erkenntnisproblem«, meinte er, »ist Tabu-Dada. Vom All-Einen kommen wir zu den Schweinen, hopsassa.« Bei diesen Worten regte sich ein Herr in unserer Gesellschaft auf, der mit heißem Bemühen Hegel und Schopenhauer gelesen hatte. Der Propagandamarschall Grosz kam mit der Kesselpauke, dem Zeichen der dadaistischen Weltherrschaft. Dicht hinter ihm folgte der bekannte dadaistische Verkehrsminister und Monteurdada Heartfield. Es war eine illustre Gesellschaft. Ein unendlicher Zug schloß sich an. Auf Kühen und Pferden oder zu Fuß mit Kindertrompeten und Knarren folgten die Dadaisten aller Herren Länder, alle gekennzeichnet durch den gleichen dadaistischen Gesichtsausdruck. Da war der Troubadour und Lebemann der dadaistischen Bewegung in Paris, Herr Tristan Tzara, in der Uniform eines Untergrundbahnangestellten. Man sah ferner Kurt Schwitters, den weltberühmten Autor der »Anna Blume«. Der Lärm wurde so groß, daß unsere Trommelfelle jammerten wie kleine Kinder. Die große Knochenerweichung fiel von den Dächern. Kein Mensch wußte, wozu das gut war.  - Richard Huelsenbeck, Ein Besuch im Cabaret Dada. In: Dada Berlin. Hg. Hanne Bergius, Karl Riha. Stuttgart 1977

Dadaist (2)  Der Bürger sah im Dadaisten einen lockeren Unhold, revolutionierenden Bösewicht, sittenrohen Asiaten, der es auf seine Glocken, Kassenschränke und Ehren abgesehen hat. Der Dadaist ersann Streiche, um dem Bürger seinen guten Schlaf zu rauben. Er sandte Falschmeldungen an die Zeitungen von haarsträubenden Dada-Duellen, in welche sein Lieblingsschriftsteller, >Der König der Bernina<, verwickelt sein sollte. Der Dadaist ließ den Bürger Wirrwarr und fernes, jedoch gewaltiges Beben verspüren, so daß seine Glocken zu summen begannen, seine Kassenschränke die Stirne runzelten und seine Ehren fleckig anliefen. ›Das Eierbrett‹, ein Sport- und Gesellschaftsspiel für die oberen Zehntausend, bei welchem die Teilnehmer, vom Scheitel bis zur Sohle mit Eigelb bedeckt, den Kampfplatz verlassen; >Die Nabelflasche<, ein ungeheuerlicher Gebrauchsgegenstand, in dem sich Fahrrad, Walfisch, Büstenhalter und Absinthlöffel paaren; ›Der Handschuh‹, der an Stelle des altertümlichen Kopfes getragen werden kann, sollten dem Bürger die Unwirklichkeit seiner Welt, die Nichtigkeit seiner Bestrebungen, selbst seiner so einträglichen Vaterländereien, veranschaulichen. Dies war natürlich von uns ein naives Unterfangen, da ja der normal organisierte Bürger über weniger Phantasie als der Wurm verfügt und an Stelle des Herzens ein überlebensgroßes Hühnerauge sitzen hat, welches ihn nur bei Wettersturz, das heißt bei Börsensturz, zwickt.  - Hans Arp, nach: Hans Richter, in: Dada - Kunst und Anti-Kunst. Köln 1964

Dadaist (3)  

- Aus: Reclams Universum. 4. Juli 1918. Nach: Jeanpaul Goergen, Urlaute dadaistischer Poesie. Der Berliner Dada-Abend am 12. April 1918, rekonstruiert von J. G. . Hannover 1994

 

Dadaismus

 

  Oberbegriffe
zurück 

.. im Thesaurus ...

weiter im Text 
Unterbegriffe

 

Verwandte Begriffe
Synonyme