Dada-Mission

Dada in Japan
(Eigene Drahtung).
1 Dadatag = 7 Erdumdrehungen.

Die ganze Stadt war mit herrlichen Papierdadas geschmückt.   Auf den Straßen wurden die Köpfe unserer Führer auf kaiserlich Japan als Fond für den Missionsdada verkauft. Den Fremden bot sich

ein schauerlicher Anblick.

Zwei Dichter und ein Maler, die bei der Abfassung von Pamphleten betroffen waren, wurden bei lebendigem Leibe genagelt. Um 10 Uhr sichtete man in Yokohama die ersten Dschungken, auf deren jeder ein Kormoran saß, der nach Fischen tauchte und Da—da— schrie. Am Strande winkten die Geishas mit ihren Kimonos. Edle Samurais warteten sporenklirrend zur Begrüßung. Walt Merin verlieh ihnen darauf sofort ein Monokel und den Dadaorden in Form eines Glasauges. Der Zug wurde von einem Bataillon Boxer eröffnet, die im Marschtakte rülpsten. Und die Bonzen hatten sich Lampions um die rosa Bäuche geschnallt. Beim Nahen der ersten Riktscha brach unter den Zuschauern ein tosender Lärm von Tausenden von Waldteufeln los. Merin dankte, nach allen Seiten. Er trug einen weißen Zylinder mit grünen Volants. Kleine Kunstschülerinnen umringten ihn und baten um Dadazeichnungen für ihre Malhefte. Viel Aufsehen machte ein Gaukler, der einen Eichbaum aus dem Gesäß wachsen ließ, in dessen Zweigen Nachtigallen sangen. Beinah kam es zu einem blutigen Zusammenstoß mit einigen Taifunisten (einer Sekte expressionischer Kunstbonzen), die demonstrativ entgegenzogen und das Hohelied des Preußentums) sangen. Sie wurden von den Boxern mit wenigen Jiu-jitsugriffen auseinander getrieben. Die Dadaisten aber tanzten in den Straßen von Tokio und brüllten

    su-tling       hoel-pi
    Achtung!    Wer weitergeht, wird erschossen!

2. Dadatag = 13 Tagen M. E. Z.

Die Reihe der Sehenswürdigkeiten eröffnete eine Wallfahrt zum Felsentempel, wo der Pagodenheilige auf  den Elephanten im Glaskasten thront. Nach Einwurf von einem Yen erscheint er im Nordlichtglanze und spricht Ra Ra. Merin  tätschelte ihm die Backen, worauf er noch etwas über die Metaphysik der sphärischen oder Dadalaute und der submarinen AR- oder Magenlaute zum Besten gab. Merin mietete für eine Nacht das Yoshiwaraviertel. Die Mädchen wurden in Reichswehrundform gesteckt und die Dadaisten nahmen auf Maultieren unter Absingung des niederländischen Dankgebetes die Parade ab. Bei jedem Akte mußten sie „Durchhalten!" schreien. — Im Teehaus zur subkutanen Injektion lebte der uralte Dadayati, dem der Bernstein schon aus den Augen tropfte. Er hatte noch Chamisso gekannt und sagte gegen Trinkgeld Goethes Suleika auf.  Als Merin ihn unter dem  Bockskinn krabbelte, blies er seine resedafarbenen Hautlappen auf und explodierte unter großem Gestank.  - Walt[er] Me[h]rin[g], nach: Dada-Almanach 1920. Hg. Richard Huelsenbeck im Aufrag des Zentralamts der deutschen Dada-Bewegung. Nachdr. Hamburg 1980 (Edition Nautilus)

 

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