Dachboden

 

- Johannes Grützke

Dachboden (2)

- Nicole Claveloux, La Belle et la Bête

Dachboden (3)  Allein auf dem Dachboden (an diesem Tag, der bereits eine septembereigene Gräßlichkeit an sich hat; müde von der langen Reise im Zug und von der Nacht, die er in einem Hotel in Turin verbracht hat, ohne zu schlafen), knöpft Carlo sich die Hose auf, holt ihn raus und fängt an zu onanieren. Die Sache hat einen gewissen trockenen, staubigen Beigeschmack; leicht brandig, milzig; die Erektion steigt unaufhaltsam, aber es ist der Wille des Gehirns, der, durchbohrt von der Erinnerung an die Kindheit und von der Kenntnis der bäuerlichen Welt mit ihrer ungeheuerlichen Reinheit, dieses Onanieren bestimmt. In der ganzen Villa sind - außer den Dienstboten - nur er und seine Mutter. Eine Glocke beginnt zu läuten, von xxx. Es ist später Vormittag, wer weiß, warum sie läutet; vielleicht zum Fest, tagsdrauf. Gleichzeitig mit der staubigen Trockenheit des Morgens liegt schon etwas Feuchtes, Schlaffes, Abendliches in der Luft. Wie? Endet der Tag denn schon? In diesem wehmütigen Grau des allzu heiteren Himmels? Carlo hört auf zu onanieren, doch nicht, um nachher, wie er es sonst tut, weiterzumachen. Er steckt das pralle, aber leere Glied mit seiner leichten betrübten und vielleicht auch ein wenig stinkenden Feuchtigkeit oben an der Eichel wieder in die Hose und knöpft sie zu. Er steigt vom Beobachtungsstand seiner Kindheit wieder hinunter; nur er kennt ihn, und von dort aus lernt man die Welt kennen: die bäuerliche Welt, die er als reicher, kranker Junge gesehen hat.  - Pier Paolo Pasolini, Petrolio. Berlin 1994

Dachboden (4)  

Dachboden (5)  Der Raum war so niedrig, daß jemand von normaler Körpergröße mit dem Kopf fast das Dach berührte, jedoch so geräumig wie der Speisesaal unten. Er war mit Sofas und durchgesessenen Stühlen, Truhen, leeren Bilderrahmen und verstaubten Drapierungen angeräumt. Verstreut standen an die zehn vergoldete Heiligenbüsten. Eine Büste fiel durch ihre Größe auf. Sie hatte eine silberne Brust, ein schwarzes Mäntelchen und ein Bulldoggengesicht. Die vergoldeten Büsten trugen auf einem barocken Sockel die Namen des betreffenden Heiligen. Um den großen Finsteren als heiligen Ignatius zu identifizieren, reichten die Erfahrungen des Brigadiers mit Heiligen nicht aus. -  Leonardo Sciascia, Ein einfacher Fall [mit: Der Ritter und der Tod] Berlin 1990
 
 

Dach

 

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