yborgisierung
Es ist kein Projekt eines universellen Umbaus. Es soll
bestimmten Zielen dienen, und zwar der Anpassung an den Kosmos als
»ökologische Nische«. Es handelt sich um den sogenannten Cyborg (eine Zusammenziehung der Wörter »Cybernetic organization«).
Die »Cyborgisierung« besteht in der Abschaffung des Verdauungssystems (mit Ausnahme der Leber und evtl. von Elementen der Bauchspeicheldrüse), wodurch zugleich die Kiefer, die Kiefermuskeln und die Zähne überflüssig werden. Wenn die Frage der Verständigung »kosmisch« gelöst werden soll -- durch eine ständige Funkverbindung -, wird auch der Mund entbehrlich. Der Cyborg weist eine Reihe biologischer Elemente auf, so ein Skelett, Muskeln, Haut und ein Gehirn, doch steuert dieses Gehirn die bisher unwillkürlichen Funktionen des Körpers bewußt, denn an den entscheidenden Punkten des Organismus befinden sich osmotische Pumpen, die ihm nach Bedarf Nährstoffe, aktivierende Substanzen - Medikamente, Hormone, anregende Präparate - oder umgekehrt solche Stoffe zuführen, die den Grundumsatz senken oder ihn sogar in den Zustand der Hibernation versetzen. Eine solche Bereitschaft zur Autohibernation kann die Überlebenschancen im Falle einer Havarie beträchtlich erhöhen.
Das Blutkreislaufsystem des Cyborg ist ziemlich
»traditionell« aufgefaßt, obgleich er unter sauerstofflosen Bedingungen
(aber natürlich mit einem Sauerstoffvorrat im Raumanzug) arbeiten kann.
Der Cyborg ist nicht mehr ein teilweise prothetisierter Mensch. Er ist
ein teilweise umkonstruierter Mensch mit einem künstlichen System
der Ernährung und Regelung, das es ihm gestattet, sich an
unterschiedliche kosmische Milieus anzupassen. Die Rekonstruktion umfaßt
jedoch nicht seinen mikroskopischen Aufbau, so daß lebende Zellen
weiterhin das grundlegende Bauelement seines Körpers sind, und außerden -
das versteht sich von selbst - sind die Veränderungen seiner
Organisation nicht auf die Nachkommenschaft übertragbar (nicht erblich).
Es ist anzunehmen, daß die »Cyborgisierung« sich durch
Rekonstruktionen des Biochemismus ergänzen ließe. Es wäre z. B. sehr
günstig, wenn man den Organismus von der ununterbrochenen
Sauerstoffzufuhr unabhängig machen könnte. Damit würde man aber bereits
den Weg zu der oben erwähnten »biochemischen Revolution« beschreiten. Im
übrigen braucht man bekanntlich nicht weit nach Substanzen zu suchen,
die den Sauerstoff besser zu speichern vermögen als das Hämoglobin, so
daß man relativ lange ohne Luftzufuhr auskommen kann. Die Wale können
über eine Stunde lang tauchen, und das liegt nicht nur an dem
vergrößerten Fassungsvermögen ihrer Lungen, Sie besitzen speziell dafür
entwickelte Organsysteme, Man könnte also u. U. auch »vom Wal« Elemente
der Reorganisation entlehnen. - Stanislaw Lem, Summa technologiae. Frankfurt am Main 1981 (zuerst 1964)
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