ollege-Leben, britisches »Haß, genährt aus frustriertem Ehrgeiz. Und am Lonsdale College, Lewis, gab es gleich zwei Männer, Browne-Smith und Westerby, die von dieser zerstörerischen Leidenschaft beherrscht wurden.
Die Ursache ihres Hasses liegt Jahre zurück und hat mit den Umständen bei der letzten Rektorenwahl am Lonsdale College zu tun. Wie wir wissen, sehen die Bestimmungen vor, daß nur der Kandidat zum Rektor ernannt werden kann, der von den acht möglichen Stimmen mindestens sechs ohne eine Gegenstimme auf sich vereinigt. Mit sechs Ja-Stimmen und zwei Enthaltungen wäre ein Kandidat somit gewählt; mit sechs Ja-Stimmen, einer Enthaltung und einer Nein-Stimme wäre er durchgefallen. Und genau dies passierte zunächst Browne-Smith und im Anschluß auch Westerby. Bei den bekanntermaßen seitJahren angespannten Beziehungen der beiden, schien die Erklärung für den jeweiligen Mißerfolg auf der Hand zu liegen...
Und nun lassen Sie mich Ihnen eine merkwürdige Geschichte erzählen, Lewis, die zu verstehen geradezu ein Stück Genialität voraussetzt - nicht jetzt im nachhinein natürlich, aber zum damaligen Zeitpunkt. Rufen wir uns die Ereignisse noch einmal ins Gedächtnis zurück. Der erste Mann wurde nach London gelockt, um ihn dort mit einem dunklen Kapitel aus seiner Vergangenheit zu konfrontieren. Aber die Brüder Gilbert hatten sozusagen die falsche Seite des Buches aufgeschlagen. Browne-Smith hatte mit dem Tod ihres Bruders John nicht das geringste zu tun. Vier Tage später köderte man einen weiteren Mann nach London, ebenfalls um ihm eine alte Rechnung aufzumachen. Doch auch hier lag ein Irrtum vor. Westerby hatte nicht gegen Browne-Smith gestimmt, er hatte sich der Stimme enthalten. Genau wie umgekehrt Browne-Smith. Auch er hatte bei Westerbys Wahl keine Nein-Stimme abgegeben, sondern einen leeren Zettel. Ihre jeweilige Gegenstimme war also einem der sechs anderen Mitglieder des Wahlkollegiums zuzuschreiben, und während ihnen das allmählich klar wurde, kam ihnen gleichzeitig der Verdacht, daß ihrer beider Nein-Stimmen womöglich.von ein und demselben Mann abgegeben worden sein könnten. Und plötzlich wußten sie auch, wer dieser Mann war!
So kommt es also zu einer dritten ‹Einladung›. Im Gegensatz zu den beiden anderen, vermochte sich dieser Mann von dem Verdacht, den man gegen ihn hegte, nicht reinzuwaschen. So brachte man ihn um und warf ihn in den Kanal, nicht ohne ihm vorher sicherheitshalber Kopf und Hände abgetrennt zu haben. Denn sowohl sein auffallender, wuchtiger Schädel mit dem charakteristischen Kranz grauer Locken als auch der große Onyxring am kleinen Finger seiner linken Hand, der über die Jahre so tiefins Fleisch gewachsen war, daß er sich (auch von dem Mörder) nicht mehr abziehen ließ, hätten uns sofort verraten, wer er war. ...
Ja, Lewis, der Tote aus dem Kanal ist, oder besser gesagt war, niemand anderer
als der Rektor des Lonsdale Colleges.» - Colin
Dexter, Das Rätsel der dritten Meile. Reinbek bei Hamburg 1988
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