ola Pesce Es lebte damals in Sizilien ein sehr berühmter Taucher Nikolaus, den man wegen seiner Gewandtheit im Schwimmen gewöhnlich Pescecola, das heißt ,Nikolaus der Fisch' nannte. Dieser, von Kind auf an das Meer gewöhnt, und vor allem auf Grund seiner Geschicklichkeit im Schwimmen berühmt, war fast nur mit dem Sammeln von Austern und Korallen und Ähnlichem auf dem Grund des Meeres beschäftigt und fristete mit dem Verkauf seiner Beute sein Leben. Er wurde aber von seinem Handel mit Seegetier so in Anspruch genommen, daß er sich in den ersten Zeiten ungefähr vier oder fünf Tage lang im Meere aufhielt und nur von rohen Fischen lebte. - Er schwamm immer wieder nach Calabrien und zurück und versah dabei das Amt eines Briefboten. Man sagt sogar, er habe das Gebiet der Liparischen Inseln nicht nur einmal durchschwommen Gelegentlich wurde er von Galeeren mitten in dem brandenden und stürmischen Meeresgolf von Calabrien entdeckt, wobei ihn die Matrosen beim ersten Anblick für ein Meeresungeheuer hielten, dann aber, nachdem er von einigen erkannt worden war, in ihr Schiff aufnahmen. Auf die Frage, wohin er denn in dem von so heftigen Stürmen aufgewühlten Meere wolle, antwortete er, er bringe Briefe, die er, in einem durch einen kunstreichen Verschluß gesicherten ledernen Beutel, untergebracht hatte, damit sie nicht von dem eindringenden Wasser beschädigt würden, in irgendeine Stadt. Nach langem Erzählen und einer guten Mahlzeit stürzte er sich schließlich, nachdem er den Matrosen alles Gute gewünscht hatte, wieder ins Meer. - Man erzählt außerdem, der genannte Nicola habe durch den dauernden Aufenthalt im Wasser seine Natur und sein Wesen so verändert, daß er mehr einem Amphibium als einem Menschen ähnlich war: zwischen den Fingern seien ihm Knorpel gewachsen, ähnlich wie bei den Füßen der Gänse, wie sie zum Schwimmen nötig sind, und seine Lunge sei so ausgedehnt worden, daß sie genügend Luft zum Atmen für einen ganzen Tag aufnehmen konnte. - Athanasius Kircher, nach: Klaus J. Heinisch, Der Wassermensch. Stuttgart 1981 (Klett-Cotta).

Nach: Merians Welt der Tiere


Cola Pesce (2) URINATORIA oder vielleicht besser zu schreiben/ URNATORIA, (ab Urna) das Untertauchen/ vermittels/ oder auch gantz frey/ und sonder gehöriger Glocken Wasser-Harnische/ die gelegenheit der unterwässrigen Orthe zu erforschen/ allerhand Kräuter/ Steine/ Corallen/ Perlen und Muschel-werck/ oder was etwa zu Schiff versuncken/ von dannen hervor zu hohlen/ ja wol zur Zeit/ wenn es je an ein heftiges Seetreffen geht/ bißweilen an heimlich-zugerichteten Brenn-schiffen/ unter dem Wasser daß Ancker-tau abzukappen/ und das Schiff unter die Armada der Feinde lassen loß zugehen; dergleichen verwegene Mergos oder ungefiederte Teucher/ die Herren Venediger unterschiedlichel in vorigem Türckenkriege gehabt; und hingegen von seiten der Barbaren/ schreibt Theophilus Urbinus daß bei Abuzir/ einer Stadt in AEgypten/ am Nil gelegen/ die Fischer gewohnet seyn/ einen gantzen geschlagenen Tag unterm Wasser zu liegen/ und ihrer gar fertigen Schwimm-Kunst sich zum Raub/ Diebstahl/ und verderblicher herumbkehrung überhinfahrender Kähne und Nachen/ zu mißbrauchen: ja was noch denckwürdigers von Kirchero erzehlet wird/ soll zur Zeit Frederici, Königes in Sicilien/ Nicolaus ein gar berühmter und deßwegen Pescecola (oder der Fisch) genennter/ Untertaucher gewesen seyn/ der von Jugend auf in das See-Wasser/ und geniessung roher Fische verliebt/ zum öfftersten von darab/ gegenüber nach Calabrien/ und wieder zurück/ unter dem Wasser Bothschafft gegangen/ von vorbeyfahrenden Schiffern manchesmal/ bey erstem Anblick seiner/ für ein Meer-Wunder geschätzt/ dann inner Port genommen worden/ Briefe in einer wolverwahrten ledernen Tasche bey sich gehabt; nachdem er sich aber genug gemästet/ unversehens wiederumm hinab gefahren/ und folgends hernach/ von gemeldtem König Siciliens/ gegen Verehrung einer ins Wasser geworffenen göldenen Schale/ so fern selbige dieser Nicolaus wieder hervor bringen würde/ veranlasset worden! die höchst-gefährlichen famosen, See-Klippen/ Charybdis genennt! ohne vieles bedencken/ zu besuchen; die Schale gefunden/ und bey frolockender hervorbringung derer/ erschröckliche Dinge erzehlt/ die ihm hernach/ bey gleichmäßiger hinab stürtzung nach noch einer goldenen Schale und Beutel Geldes/ den Lebensgaraus gemacht/ weil er entweder von grossen Meer-Wundern verschluckt/ oder von hefftigen Strudeln und Würbeln der Flüsse unter der See/ in die tieffste - und Abgründe der Welt gerissen worden/ und jämmerlich umbkommen. - D. Johann-Daniel Majors See-Farth nach der Neuen Welt/ ohne Schiff und Segel; Anno 1670 zu erst/ und nu wiederumb/ der gelehrten Welt vorgestellet, Hamburg 1683. Aus: Klaus J. Heinisch, Der Wassermensch. Stuttgart 1981 (Klett-Cotta)

Cola Pesce  (3)  Mitten im Wasser schwebte ein Mann, ein Taucher, der an seinem Gürtel eine Lederbörse trug. Es war kein den Fluten überlassener Leichnam, es war ein lebender Mensch, der mit kräftigen Stößen schwamm, gelegentlich aufsteigend, um Luft zu holen, und alsbald wieder untertauchend.

Ich wandte mich an Kapitän Nemo und sagte aufgeregt:

»Ein Mensch! Ein Schiffbrüchiger! Er muß um jeden Preis gerettet werden!«

Der Kapitän gab keine Antwort, er beugte sich nur vor.

Der Mann hatte sich genähert und schaute uns an, das Gesicht an die Scheibe gepreßt.

Zu meiner größten Verblüffung machte ihm Kapitän Nemo ein Zeichen. Der Taucher antwortete ihm mit einer Gebärde der Hand, stieg unverzüglich zur Oberfläche auf und erschien nicht mehr.

»Beunruhigen Sie sich nicht«, sagte der Kapitän zu mir. »Es ist Nikolas von Kap Matapan, mit dem Übernamen ›der Fisch‹. Er ist in den ganzen Kykladen bekannt. Ein kühner Taucher! Das Wasser ist sein Element, er lebt mehr dort als auf festem Boden und wechselt von einer Insel zur andern bis hinunter nach Kreta.« - Jules Verne, Zwanzigtausend Meilen unter Meer. Zürich 1976 (zuerst 1870)

Menschen (gemischte) Fabelmenschen

 

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