Cockney, irischer  Jackson, der offenbar über alle Teile der Erde Bescheid wußte, pflegte Jack vorzuwerfen, er sei ein irischer Cockney. Das faßte ich so auf, daß er ein geborener Ire und in London irgendwo Jn der Gegend des Ratcliff Highway aufgewachsen sei. Aber soweit ich hören konnte, sprach er nicht mit einem irischen Akzent.

Er war ein seltsam aussehender Bursche, und ich schätzte ihn auf etwa fünfundzwanzig Jahre. Wenn man ihn aber von hinten sah, hätte man ihn für einen kleinen alten Mann halten können. Seine Arme und Beine waren sehr stark, rund, kurz und stämmig, so daß er, wenn er seine große Düffeljacke trug, der Südwester ihm Ins Gesicht hing und er seine Seestiefel angezogen hatte, einem fetten, auf dem Schwanz stehenden Delphin glich. Er hatte ein rundes Gesicht wie ein Walroß mit demselben halb menschlichen, halb nicht zu beschreibenden Ausdruck. Im ganzen war er ein gutmütiger Bursche, der dem Seemannsleben eine gewisse Romantik abzugewinnen suchte und Lieder sang von empfänglichen Seejungfrauen, die sich in hübsche junge Austernsammler und tapfere Fischer verliebten. Auch wußte er eine traurige Geschichte von einem Kriegsschiffsmatrosen, der im letzten Krieg in Portsmouth sein Herz verlor und in dem Gefecht zwischen der „Guerrière" und der „Constitution" bei einem der Achterdecksgeschütze tollkühn sein Leben aufs Spiel setzte, und eine andere unbegreifliche Erzählung von einer Art Meeresfeenkönigin, die einem Kapitän wegen seines Autogramms keine Ruhe ließ, weil sie es in einer Aalsuppe als Mittel gegen den Skorbut kochen wollte.

Er glaubte an allerlei Hexenwerk und Zauberei und hatte einige seltsame irische Ausdrücke, die er bei einer andauernden Flaute vor sich hinzumurmeln pflegte, um einen günstigen Wind zu beschwören.

Und öfters erzählte er von seinem Besuch bei einer Wahrsagerin in Liverpool, einem alten Negerweib namens De Squak, deren Haus von Matrosen sehr besucht war; sie hatte zwei schwarze Katzen mit auffallenden grünen Augen und Nachtmützen auf den Köpfen, die feierlich auf einem klauenfüßigen Tisch neben der alten Hexe saßen, als sie ihm den Puls fühlte, um ihm die Zukunft vorauszusagen.

Dieser Blunt hatte einen großen Kopf mit dichtem, buschigem Haar. Aber aus irgendeiner Ursache wurde es schnell grau, und so sah er in diesem Übergangsstadium aus, als trüge er einen Tschako aus Dachsfell.

Das Phänomen der grauen Haare auf einem jungen Kopf hatte diesen Blunt dermaßen in Verwirrung und Bestürzung versetzt, daß er schließlich zu der Überzeugung kam, es müsse das Ergebnis der „Schwarzen Kunst" sein, die ein Feind gegen ihn angewandt habe, und dieser Feind war, wie er glaubte, ein alter Matrosenherbergswirt in Marseille, den er einst ernstlich beleidigt hatte.  - Herman Melville, Redburn. Seine erste Reise. In: H. M., Redburn. Israel Potter. Sämtliche Erzählungen. München 1967 (zuerst 1849)

 

Iren London

 

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