Cirkusabschied    Beim Betreten des Cirkus vergißt man ein wenig den Gedanken an den Abschied. Er ist so hell erleuchtet wie immer, sogar ein bißchen mehr, weil die Scheinwerfer in dieser Nacht alle ihre Lichtreserven hergeben. Jedoch wenn man sich erinnert, falls man es tut, daß es der Tag des Endes ist, hält man alles, was passiert, für einen Glanz ohne Wiederkehr, für eine Einkehr in ein anderes Leben, für die Hellsichtigkeit des Todes.

Der stets sehr schwarz gekleidete Direktor scheint noch schwärzer zu sein und sein gestriger Smoking war eher blau im Vergleich zum heutigen, am Tag des aufgeregten Abschieds. Es sieht aus, als zähle er die Häupter seiner Herde, um ihnen allen einen Sprudel zu spendieren.

Das Orchester spielt den Walzer »Wenn der Cirkus stirbt« - traurig, langsam, von unendlicher Tristesse. Die Baßtuba weint wie ein Kind, das sich darauf versteht, die ganze Nachbarschaft in Mitleidenschaft zu versetzen. Ein neuer Apparat, eine Mischung aus Mörser und Reibe, gesellt sich an diesem letzten Tag zum Orchester. Man merkt, daß dieses Instrument für die Touren durch die Provinz, wenn hier Schluß ist, ausgesucht worden ist.

Die Clowns treten traurig und mit hängenden Köpfen auf, ein bißchen unpaniert, weil die Tränen ihr paniertes Gesicht zerstören. Dies ist die einzige Nacht, in der die Clowns an Dinge denken wie an »die Vergänglichkeit des Menschenlebens« oder daran »wie schwierig es ist, an morgen zu denken« und: »werden wir wiederkommen oder noch am Leben sein im kommenden Jahr?« Während auf den ernsten und angesehenen Theatern die Schauspieler am Tag des Abschieds ihr Drama spielen, ohne an den Abschied zu denken oder ihn wahrzunehmen, beschwören die Cirkusschau-spieler ihn herauf, sie schicken Abschiedsgrüße mit der Stimme und mit dem Taschentuch, sie improvisieren gar lange Reden voller Feuereifer, Reden wie sie die Schüler an den Lehrer richten, wenn sie sich von ihm bis zum nächsten Schuljahr verabschieden. Großes Schulfest des Cirkus!

Den Bajazzos fallen keine neuen Sachen ein, aber sie wählen das Beste aus ihrem Repertoire, das Bleibende, wie zum Beispiel die ewige Geschichte des Sohnes, der sich mit einer Witwe vermählt, während sein Vater die Tochter dieser Witwe heiratet.   - (cirkus)

Cirkus Abschied

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