hinese   Bei den Chinesen »ist es bei den Fürsten und auch beim Volke gebräuchlich, das Wasser im Stehen zu lassen. Leute von hohem Range, ebenso auch die Vizekönige und die höheren Beamten, haben vergoldete Bambusrohre, die eine Elle lang und durchbohrt sind; sie gebrauchen sie jedesmal, wenn sie Wasser lassen, wobei sie die ganze Zeit lang stehen; und auf diese Weise leitet die Röhre das Wasser eine ziemliche Entfernung von ihnen weg« [Renaudot, 1718].

Dies erinnert an den Abscheu der Moslime vor Harnspritzern an ihrem Körper oder an ihrer Kleidung. »Die Chinesen sind der Meinung, alle Schmerzen in den Nieren, der Harnzwang und selbst die Blasensteine entständen daraus, daß man das Wasser in sitzender Stellung läßt; und daß die Nieren sich von ihrer Flüssigkeit nur dann vollkommen befreien können, wenn man sie im Stehen entleert. Auf diese Weise trägt diese Haltung in ganz außerordentlicher Weise zur Erhaltung der Gesundheit bei.« - (bou)

Chinese (2) Am unschlagbarsten sind die Chinesen in der Kunst des Ausweichens.

Man fragt einen Chinesen auf der Straße nach einer Auskunft, und schon macht er sich aus dem Staub. »Das ist ratsamer«, denkt er. »Sich nicht in die Angelegenheiten anderer einmischen. Mit Auskünften fängt es an. Mit Schlägen endet es.«

Ein Volk, das sich von allem in die Flucht treiben läßt, und seine kleinen Augen suchen das Weite, sobald man ihm von Angesicht zu Angesicht gegenübersteht.

Dabei waren und werden die Chinesen wieder ausgezeichnete Soldaten.

Altes, altes Kindervolk, das keiner Sache auf den Grund gehen will. - (mich)

Chinese (3)  Hoch die Chinesen! Sie sind eine uralte Nation und halten uns für Kinder oder Narren. Wir glauben, daß wir etwas Großes bedeuten, weil wir uns über Länder und Meere ausbreiten: bigis atque quadrigis petimus bene vivere. Aber wir bringen überallhin unsern Krieg, unsere Zwietracht, unser Leinen, unsere Gewehre, unser Evangelium. - (gal)

Chinese (4)  Alt, in großer Leibesfülle, unter leichten Herzbeschwerden, lag ich nach dem Mittagessen, einen Fuß am Boden, auf dem Ruhebett und las ein geschichtliches Werk. Die Magd kam und meldete, zwei Finger an den zugespitzten Lippen, einen Gast.

 »Wer ist es?« fragte ich, ärgerlich darüber, zu einer Zeit, da ich den Nachmittagskaffee erwartete, einen Gast empfangen zu sollen. »Ein Chineser«, sagte die Magd und unterdrückte, krampfhaft sich drehend, ein Lachen, das der Gast vor der Türe nicht hören sollte.

»Ein Chinese? Zu mir? Ist er in Chinesenkleidung?« Die Magd nickte, noch immer mit dem Lachreiz kämpfend. »Nenn ihm meinen Namen, frag, ob er wirklich mich besuchen will, der ich unbekannt im Nachbarhaus, wie sehr erst unbekannt in China bin.«

Die Magd schlich zu mir und flüsterte: »Er hat nur eine Visitkarte, darauf steht, daß er vorgelassen zu werden bittet. Deutsch kann er nicht, er redet eine unverständliche Sprache, die Karte ihm wegzunehmen fürchtete ich mich.«

»Er soll kommen!« rief ich, warf in der Erregtheit, in die ich durch mein Herzleiden oft geriet, das Buch zu Boden und verfluchte die Ungeschicklichkeit der Magd. Aufstehend und meine Riesengestalt reckend, mit der ich in dem niedrigen Zimmer jeden Besucher erschrecken mußte, ging ich zur Tür. Tatsächlich hatte mich der Chinese kaum erblickt, als er gleich wieder hinaushuschte. Ich langte nur in den Gang und zog den Mann vorsichtig an seinem Seidengürtel zu mir herein. Es war offenbar ein Gelehrter, klein, schwach, mit Hornbrille, schütterem grauschwarzem steifem Ziegenbart. Ein freundliches Männchen, hielt den Kopf geneigt und lächelte mit halbgeschlossenen Augen.  - (hochz)

Chinese (5)  Die Europäer sind großartige Chinesen. Es heißt oft, die Chinesen hätten alles erfunden ... Hm! Seltsam ist, daß die Europäer genau das erfunden und »gesucht« haben, was die Chinesen erfunden und gesucht haben. Wenn sich die Chinesen damit brüsten, das Diabolospiel erfunden zu haben, das Polospiel, das Bogenschießen, den Fußball, das Jiu-Jitsu, das Papier, usw., na wenn schon, das stellt den Chinesen nicht höher. Wäre ich eine Zivilisation, würde ich mich nicht damit brüsten, das Diabolo erfunden zu haben. O nein, ich würde mich vielmehr schämen und vor mir selbst verstecken. Ich würde bessere Vorsätze für die Zukunft fassen. Die Chinesen und die Weißen leiden an der gleichen Krankheit. Tagsüber basteln sie, und dann brauchen sie Spiele.  - Henri Michaux, Ein Barbar in China, nach (enc)

Chinese (6)   Glaubwürdige Reisende versichern, daß die perversen Chinesen Gänse sodomisieren und zur Ejakulation gelangen, während sie ihnen mit dem Säbel den Hals abschneiden. - (erot)

Chinese (7)   Der deutsche Konsul empfing mich freundlich und ich hörte viel von Hunghudsen, rotbärtigen Räubern, die wenige Kilometer von der Stadt die Spaziergänger und Reisenden überfielen. In Mukden hatte ich ein Interview mit Tschangtsolin, dem Sohn Tschangchueliangs, der von den Japanern wegen mangelnder Sympathie zu ihrem Regime in die Luft gesprengt worden war. Der Eisenbahnwaggon, in dem der mächtige Mann seinen Tod gefunden hatte, wurde den Fremden gern gezeigt.

Ich hatte wenig Glück bei Tschangchueliang, weil ich keine französische Prostituierte war, die er sich damals zu Dutzenden aus Paris kommen ließ und die ihn zu einem Freund der französischen Kultur gemacht hatten.

Die Unterredung bestand aus Phrasen, die vorher genau festgelegt waren. Während ich zum Beispiel fragte, wie seine Exzellenz über Deutschland denke, las er selbst die Übersetzung meiner Frage von einem besonders für ihn gedruckten Zettel ab.

Das Interesse seiner Exzellenz für Deutschland war wie gesagt gering und er schien meine Fragen nur mit Widerwillen zu beantworten. Später wurde mir allerdings gesagt, daß Ihre Exzellenz zur Zeit meines Interviews einen achttägigen Opiumrausch hinter sich hatte und deshalb gesundheitlich nicht ganz auf der Höhe war.

Ich hatte vorher einen schönen chinesischen Namen bekommen. Aus »Huelsenbeck« hatte man Hue Chi Be gemacht, was, wie ich mir sagen ließ, so viel wie Freund des kühlen Ostwinds bedeutet. Aber selbst die Schönheit meines neuen Namens hatte Tschangchueliang nicht gerührt.

»Ich weiß nicht, warum Sie sich beklagen«, hatte mir der Konsul gesagt. »Seine Exzellenz hat vor ganz kurzer Zeit mit eigener Hand zwei alte Generäle seines Vaters umgebracht. Wenn man sich vorstellt, was für eine hitzige Natur zu so einer Handlung gehört, so muß ich sagen, daß er sich Ihnen gegenüber eigentlich sehr gesittet benommen hat. .«

»Sie meinen, ich kann mich freuen, daß ich nicht ermordet worden bin. Ist es das, was Sie meinen . . ?«

Der Konsul zuckte die Achseln. Er war offenbar nicht geneigt, sich sehr klar auszudrücken.

»Wenn Sie mal länger hier sind« sagte er »werden Sie vielleicht besser verstehen, was ich meine. Orientalen sind keine Europäer und besonders keine Deutsche. .« - Richard Huelsenbeck, Reise bis ans Ende der Freiheit. Autobiographische Fragmente. Heidelberg 1984

Chinese (8)   Der Philosoph Raynal beginnt seine Geschichte beider Indien mit einem feurigen Lob der Chinesen; er stellt sie als die vollendetste Nation hin, weil sie patriarchale Sitten beibehalten haben. Wir wollen diese ihre Vollendung unter die Lupe nehmen: China, dessen Kultur man preist, ist so arm, daß die Einwohner das Ungeziefer händevoll verschlingen, das ihre Kleider bedeckt. China ist das einzige Land, in dem der Betrug zulässig und geehrt ist; dort hat jeder Kaufmann das Recht auf falsche Maße und Gewichte und auf alle Gaunereien, die selbst die Barbaren bestrafen. Der Chinese ist auf diese Korruption stolz; wenn er jemanden betrogen hat, so ruft er seine Nachbarn herbei, um sich bewundern zu lassen und mit ihnen über den Geprellten zu lachen (ohne daß das Gesetz eine Beschwerde zuließe). Diese Nation ist die habgierigste der Welt, und nirgends wird so hitzig prozessiert wie in China. Die niedrige Gesinnung ist so bodenlos, Ehrbegritte so unbekannt, daß der Henker einer der Intimen, einer der Würdenträger des Herrschers ist, der seine Höfling^ vor seinen eigenen Augen mit Stockschlägen traktiere^ läßt. Die Chinesen sind die einzigen, die ihre Götter öffentlich mißachten und die ihre Idole durch den Schmutz ziehen, wenn sie von ihnen nicht das Gewünschte erhalten.-Es ist die Nation, die die Kindestötung auf die Spitze getrieben hat. Man weiß, daß die armen Chinesen ihre Kinder auf den Dunghaufen werfen, wo sie bei lebendigem Leib von den Schweinen aufgefressen werden, oder sie lassen sie, an einen hohlen Kürbis gebunden, auf dem Wasser treiben. Die Chinesen sind das eifersüchtigste Volk, sie verfolgen die Frauen am unerbittlichsten, von Kind an werden ihre Füße zusammengepreßt, damit sie nicht mehr gehen können. Was die Kinder anlangt, so hat der Vater das Recht, sie beim Würfeln zu verspielen und als Sklaven zu verkaufen. Schließlich sind die Chinesen auch noch das feigste Volk der Welt; um sie nicht zu erschrecken, pflegt man den Lauf der Gewehre, selbst wenn sie nicht geladen sind, auf den Befestigungswällen nach oben zu richten. Die Chinesen, von deren Sitten ich nur ein unvollständiges Bild entworfen habe, machen sich über die Zivilisierten lustig, weil diese weniger schurkisch sind. Sie sagen, die Europäer seien in Geschäften blind, die Holländer allein hätten ein Auge dafür, die Chinesen aber zwei. (Diese Unterscheidung ist schmeichelhaft für die Holländer [und für den Krämergeist]).  - Charles Fourier, Theorie der vier Bewegungen und der allgemeinen Bestimmungen. Frankfurt am Main 1966  (zuerst 1806)

Chinese (9)  Maltzahn starrt zum Tisch gegenüber, wo vier junge Sibir-jaken Doppelportionen verschlingen und mit der stattlichen Nina scherzen. An der Ecke sitzt ein kleiner Mann in einer blauen Steppjacke und trinkt Tee.

»Du glaubst doch nicht, daß es der Alte von der Straße ist? Den haben wir abgehängt.«

»Hör auf, mich wie einen Idioten zu behandeln!«, sagt Maltzahn. »Ich weiß, daß du mich beruhigen willst, aber das sieht doch jeder, daß es derselbe ist! Wo sind deine >Maleraugen<?«

»So eindeutig ist es nicht. Diese Jacke tragen alle, und zwischen Mongolen oder Chinesen zu unterscheiden...«

»Komm mir nicht mit diesem Quatsch! Wir sind hier lange genug! Ihr denkt immer, ich übertreibe!«

»Na gut«, Podol sieht hin. »Das konnte er sein. Und? So ähnlich sind sie tatsächlich nicht. Kennt ihr den mit den zwei Chinesen? >Ich kann sie nicht auseinanderhalten<, sagt ein Europäer zum anderen. >Wir sind Zwillinge, mein Herr!<«

Während er lacht, kommt der Mann an ihren Tisch. »Entschuldigen Sie. Sie sind aus der Tschechoslowakei. Ich habe Sie vorhin auf dem Bahnhof gehört...« Ein Gesicht wie dünnes zerknittertes Papier, geschwärzte Zähne. Maltzahn sieht sie triumphierend an. »Wollen  Sie Tschechisch lernen?«,  Podol lacht weiter; Nordanc kommt der Gedanke, daß sie hier schon zu lange sind.

»Ich kann ein paar Sätze«, lächelt der alte Mann und verneigt sich: »Dobry den! Ahoj!«

»Ahoj ahoj!«, Podol erstrahlt. »Setz dich. Willst du etwas trinken?«

»Ich trinke ja schon«, der Mann halt ihnen sein Teeglas entgegen: »Na zdravi!«

Podol ist immer entzückter: »Na zdravi! Bonsai! Ich meine... verdammt, bist du Burjate oder Mongole? Was sagt man bei euch?«

»Ich bin Chinese«, sagt der Mann höflich. »In unserer Familie sagt man: Mögest du in Würde sterben.«  - Libuše MonÍková, Die Fassade. München 1990

China Menschengruppen (physisch)
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