audiperdit Ich hatte mich gute fünfzehn Seemeilen von der Rakete entfernt, die Gegend war
schon viel trockener, aber vom Sumpf nebenan trieben weißliche Nebelschwaden
dicht über den Boden hin. Dort stieß ich auf einen Kurdel, der in der Sonne
schlief. Es war ein alter Einzelgänger, der offenbar von bösen Träumen heimgesucht
wurde, denn er gurgelte und röchelte entsetzlich. Wenn er atmete, fegte es wie
eine Orkanböe aus dem halbgeöffneten Maul und trieb die Dunstschwaden auseinander.
Da der Gestank mich fast von den Beinen holte, schlug ich einen Kreisbogen und
näherte mich dem Kurdel von der Luvseite her, um ein paar Fotos zu machen. Sie
gelangen ausgezeichnet, leider fielen mir die Kassetten beim Filmwechsel in
den Abdruck eines Kurdelfußes, ein Schlamm- und Wasserloch. Ich brachte es nicht
über mich, in der klierigen Brühe nach den Filmen zu tauchen. Aber der Kurdel
war der reinste Koloß. Von weitem hatte ich ihn für ein Schiff gehalten, das
der Sturm aufs Land geworfen hatte, aber dann sah ich, wie sich die Seiten des
Rumpfes beim Atmen bewegten. Vom Rücken hingen ihm lappige Fetzen herunter,
offenbar häutete er sich. Vom Schwanz fehlte ein großes
Stück. Im Reiseführer fand ich später die Beschreibung derartiger Exemplare,
die den Schwanz dadurch einbüßen, daß sie ihn selber anfressen. Solch ein in
der Regel schon eisgrauer und beträchtlich von der Sklerose befallener Kurdel
wird Caudiperdit genannt.
- Stanislaw Lem, Lokaltermin. Berlin 1985 (zuerst 1982)
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