uckelkrauen
Lorentz legte vor großer Nachlässigkeit oft in drei Wochen kein
neu gewaschen Hemde an. Daher wuchsen ihm auf dem Leib, wie leichtlich zu erachten,
die Müllerflöhe mit Haufen, und wenn wir dann morgens im Bette saßen, wandte
er mir seinen Rücken zu. Da kriegte ich ihm das Hemd von den Schultern und durchsuchte
alle Nähte, darinnen die Läuse wie Hanfkörner saßen und wie die Speckschwärtlein
hervorglänzten. Von zwölf dergleichen Gewandläusen hatte ich einen Zweier, also
bekam ich oft die Woche hindurch dreizehn bis vierzehn Groschen Läusegeld und
verdiente mit dieser Arbeit mehr als mancher Fronbauer auf der Wolfsjagd eine
ganze Woche. Wenn ich nun ein Stück oder sechzig aus seinem Hemde beisammen
hatte, so schloß er sie in ein kleines Schächtlein. Alsdann kriegte er auch
seine Hosen vom Bettschemel herauf. Darinnen saßen gemeiniglich die allergrößten
und lebhaftigsten. Wenn ich dann die Nase darüber rümpfte, sprach er:. «Hans,
du bist ein Narr, ein Bärenhäuter bistu, Hans. Diese Dinger sind über alle Edelgestein,
nur daß sie nicht so hoch aestimiert werden. Es ist keine größere Lust, du Narr,
als wenn man sich den Tag hindurch von den Läusen wacker beißen und kützeln
läßt. Abends alsdann tut es desto besser, wenn man sich, wie du mir tust, brav
abjucken und den Buckel wacker abkrauen lässet. Ach, Hans, du weißt noch nichts
um die wahre Gemütsruhe und die Wollust dieser Welt. Reiten, Tanzen, Fechten,
das sind Narrenpossen. So ist auch in großen Banketten und in der fiebermentischen
Frauenzimmer-Lieb kein großes Vergnügen. Aber, Hans, das Buckelkrauen geht über
alles.» «Ja, Herr», sagte ich, «ich glaube Euch's gar gern, aber mir tun
meine Finger so wehe, daß sie mir fast zu schwären anfangen.» «Ha», sagte er,
«der Sache ist bald geholfen. Heute abends nimm meine Kleiderbürste, die tut
mir wohler als zwanzig deiner Nägel.» In solchem Discurs, sammelte er ein Schächtlein
voll mit Läusen. Alsdann war dieses seine Morgenlust, wenn er ein Kohlfeuer
in die Kammer bringen ließ und solche wie das Pulver darauf streute. Da konnte
er sich über dem Krachen der Läuse dergestalten ergötzen, daß er in die Höhe
aufsprang und Juhei dazu schrie, wie die Ländler Bauern, wenn sie von einem
Deberey (so heißen sie das Verlöbnis) heim und nach Hause gehen. - Johann Beer, Das Narrenspital.
Reinbek bei Hamburg 1957
(zuerst 1681)
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