runst

An Lauretten.

  LAurette bleibstu ewig stein?
  Soll forthin unverknüpffet seyn
Dein englisch-seyn und dein erbarmen?
  Komm / komm / und öffne deinen schooß
  Und laß uns beyde nackt und bloß
Umgeben seyn mit geist und armen.

  Laß mich auff deiner schwanen-brust
  Die offt-versagte liebes-lust
Hier zwischen furcht und scham geniessen.
  Und laß mich tausend tausendmahl /
  Nach deiner güldnen haare zahl /
Die geister-reichen lippen küssen.

  Laß mich den ausbund deiner pracht /
  Der sammt und rosen nichtig macht /
Mit meiner schlechten haut bedecken;
  Und wenn du deine lenden rührst /
  Und deinen schooß gen himmel führst /
Sich zucker-süsse lust erwecken.

  Und solte durch die heisse brunst /
  Und deine hohe gegen-gunst
Mir auch die seele gleich entfliessen.
  So ist dein zarter leib die bahr /
  Die seele wird drey viertel jahr
Dein himmels-rundter bauch umschliessen.

  Und wer alsdann nach meiner zeit
  Zu lieben dich wird seyn bereit /
Und hören wird / wie ich gestorben /
  Wird sagen: Wer also verdirbt /
  Und in dem zarten schooße stirbt /
Hat einen sanfften tod erworben.

- (hofm)

Brunst (2)  Die Katze war zerfallen. Das lange Kochen hatte das Fleisch gelöst und zerfasert, bis nur noch dicker, haariger Schaum und Fett und Fetzen im Kessel schwammen. Darunter drehten sich die weißen Knöchelchen im sprudelnden Wasser; die schweren Knochen lagen still auf dem Grund, und die Häutchen hoben sich anmutig wie Blätter im Herbstwind. Die Königin rümpfte ein wenig die Nase ob des Gestanks dieser ungesalzenen Brühe und seihte die Flüssigkeit in einen zweiten Topf. Auf dem Seihtuch blieb ein Katzen-Bodensatz, eine teigige Masse aus verfilztem Haar und Fleischfetzen und zarten Knochen. Sie blies auf die Ablagerung und wendete sie mit dem Löffelgriff, um das Abkühlen zu beschleunigen. Hernach konnte sie das schmierige Gewölle mit den Fingern sortieren.

Die Königin wußte, daß jede rein-schwarze Katze einen bestimmten Knochen hatte, der einen unsichtbar machen konnte, wenn man ihn in den Mund nahm, nachdem die Katze bei lebendigem Leibe gekocht worden war. Indes wußte niemand genau — nicht einmal zur damaligen Zeit —, welcher Knochen das war. Deshalb mußte die Zauberei vor einem Spiegel stattfinden, damit der richtige experimentell gefunden werden konnte.

Eigentlich gelüstete es Morgause gar nicht nach Unsichtbarkeit — nein: normalerweise wäre ihr das höchst zuwider gewesen, denn schließlich war sie schön. Aber die Männer waren fort. Um überhaupt etwas zu tun, betrieb sie diese einfache und allbekannte Zauberei. Außerdem gab diese ihr einen Grund, ausgiebig vor dem Spiegel zu verweilen.

Die Königin kratzte die Überbleibsel ihrer Katze zu zwei Häufchen zusammen; auf der einen Seite lagen säuberlich die warmen Knochen, auf der anderen diverse sanft dampfende Rückstände. Dann wählte sie einen Knochen aus und hob ihn an die roten Lippen, wobei sie ihren kleinen Finger abspreizte. Sie hielt das Knöchlein zwischen den Zähnen, stand vor dem polierten Messingblech und betrachtete sich mit schläfrigem Wohlgefallen. Sie warf den Knochen ins Feuer und ergriff einen anderen.

Es war niemand da, der sie hätte sehen können. Unter diesen Umständen war es verwunderlich, wie sie sich wendete und drehte, vom Spiegel zum Knochenhaufen, und immer wieder einen neuen Knochen in den Mund steckte und sich betrachtete, um zu sehen, ob sie verschwunden sei, und den Knochen dann fortwarf. Sie bewegte sich so anmutig, als tanze sie — als sei wirklich jemand da, der ihr zusah. Vielleicht aber genügte es ihr auch, sich selbst zu sehen.

Schließlich verlor sie, noch ehe sie alle Knochen probiert hatte, jegliches Interesse. Die letzten fegte sie ungeduldig ins Feuer, und die pelzige Masse kippte sie achtlos aus dem Fenster. Hernach deckte sie das Feuer ab und streckte sich mit einer räkelnden Bewegung auf dem großen Bett aus. Lange lag sie da, ohne zu schlafen, und ihr Körper regte sich ruhelos.  - T.H. White, Der König auf Camelot. Stuttgart 1978 (zuerst 1976)

Brunst (3)

Brunst
Brünstiges Schimpansenweibchen

- Nach (erot)

Brunst (4) Vergegenwärtigen wir uns ein Thier in seiner Brunst und im Akte der Zeugung. Wir sehn einen an ihm sonst nie gekannten Ernst und Eifer. Was geht dabei in ihm vor? - Weiß es, daß es sterben muß und daß durch sein gegenwärtiges Geschäft ein neues, jedoch ihm völlig ähnliches Individuum entstehn wird, um an seine Stelle zu treten? - Von dem Allen weiß es nicht, da es nicht denkt. Aber es sorgt für die Fortdauer seiner Gattung in der Zeit, so eifrig, als ob es jenes Alles wüßte. Denn es ist sich bewußt, daß es leben und daseyn will, und den höchsten Grad dieses Wollens drückt es aus durch den Akt der Zeugung: dies ist Alles, was dabei in seinem Bewußtseyn vorgeht. Auch ist dies völlig hinreichend zum Bestande der Wesen; eben weil der Wille das Radikale [Wurzelhafte] ist, die Erkenntniß das Adventitium [Hinzukommende]. Dieserhalb eben braucht der Wille nicht durchweg von der Erkenntniß geleitet zu werden; sondern sobald er in seiner Ursprünglichkeit sich entschieden hat, wird schon von selbst dieses Wollen sich in der Welt der Vorstellung objektiviren. Wenn nun solchermaaßen jene bestimmte Thiergestalt, die wir uns gedacht haben, es ist, die das Leben und Daseyn will; so will sie nicht Leben und Daseyn überhaupt, sondern sie will es in eben dieser Gestalt. Darum ist es der Anblick seiner Gestalt im Weibchen seiner Art, der den Willen des Thieres zur Zeugung anreizt. Dieses sein Wollen, angeschaut von außen und unter der Form der Zeit, stellt sich dar als solche Thiergestalt, eine endlose Zeit hindurch erhalten durch die immer wiederholte Ersetzung eines Individuums durch ein anderes, also durch das Wechselspiel des Todes und der Zeugung, welche, so betrachtet, nur noch als der Pulsschlag jener durch alle Zeit beharrenden Gestalt erscheinen.   - (wv)

Brunst (5) Wie ich bei der Brunst, die mich in jenen Tagen schier zu Asche verbrannte, überhaupt die Schule geschafft habe, ist mir ein Rätsel. Aber es ging vorbei, und seltsamerweise war ich hinterher genauso unschuldig wie zuvor. Vermutlich interessierte ich mich schließlich doch mehr für andere Dinge. Aber ich weiß nicht recht, denn später ging es ja wieder damit los!

Etwa um diese Zeit machte ich eine asketische Phase durch. Vielleicht war das meine Rettung, denn es fiel zwischen die Jahre meiner Leidenschaft für den Sport und die spätere Zeit meiner Leidenschaft für die Kunst.

In dieser Phase erwachte mein Interesse für Gedichte. Bis zu meinem achtzehnten Lebensjahr oder noch länger hatte ich nicht die leiseste Absicht, etwa zu schreiben oder mich sonst irgendwie künstlerisch /u betätigen. Mutter malte ein wenig, und folglich malten auch Ed und ich; wir benutzten ihre alten Tuben und Paletten, die wir auf dem Dachboden fanden. Ich weiß, daß irgendwo noch etliche Ölbilder herumliegen, die ich in jener Zeit verbrochen habe.

Mein erstes Gedicht entstand wie ein Blitz aus heiterem Himmel. Es kam unaufgefordert und brach einen Bann aus Enttäuschung und Selbstmordgedanken. Hier ist es:

Eine schwarze schwarze Wolke
flog über die Sonne
getrieben von heftigem fliegendem
Regen.

Die Freude, die ich empfand, die geheimnisvolle, tief befriedigende Freude, die mich in diesem Augenblick überkam, wurde nur getrübt von der kritischen Bemerkung, die gleich darauf folgte: Wie können Wolken vom Regen getrieben werden? Albern.

Aber die Freude blieb. Von diesem Augenblick an war ich ein Dichter.  - (wcwa)

 

Liebe Fortpflanzung, tierische

 

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Verwandte Begriffe
Geilheit
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