Breton  André Breton sitzt in einer Art Loge, oder Thron. Seine Sekretärin (in Wirklichkeit hat er keine) verabschiedet sich von ihm indem sie «Kotau» macht. Sie weist auch ihr Kind an, nieder zu knien und mit der Stirne den Boden zu berühren. Ich selbst scherze mit Breton, tätschle ihm die Wangen. Als ich die Ehrenbezeugungen der andern sehe, frage ich mich, ob ich nicht «zu weit gegangen bin». Breton hält einen Schlüssel in der Hand.   - Meret Oppenheim, Aufzeichnungen 1928 - 1985. Träume. Bern - Berlin 1986

Breton (2)   Er war wie jedermann verlegen, wenn er pleite war. Ich habe gesehen, wie er sich Geld lieh, um seiner Tochter Milchkonzentrat kaufen zu können. Er hat sie gestillt, wenn ich so sagen darf...

Wovon er lebte? Das habe ich mich nie gefragt. Er besaß Bilder und verkaufte von Zeit zu Zeit eines davon. Man hatte ihm das oft genug vorgeworfen. Zusammen mit Eluard besaß Breton auch eine Kollektion von afrikanischen Gegenständen, Masken usw. Als ich ihn kannte, verkaufte er diese an den Solle Drouot, was ihm vier- oder fünftausend Francs einbrachte. Das war damals ein Vermögen und erlaubte ihm, eine Weile zu leben. Seine Bücher können ihm nicht viel eingebracht haben. Heute sind es Bestseller, damals noch nicht Er war keinesfalls der reiche Kerl, zu dem ihn manche machten. Einmal kam er in einem neuen Anzug ins Cafe. Seine Eltern hatten ihn besucht und ihn in ein Kleidergeschäft geschleppt, um ihn neu einzukleiden. Lachend erzählte er uns das. Seine Mutter habe ihm gesagt, daß es gut wäre, wenn er seine Haare schneide - vielleicht, damit sie zum Schnitt der Kleidung paßten.  - Léo Malet, Stoff für viele Leben. Autobiographie. Hamburg 1990 (Edition Nautilus)

Breton (3)   Er ist eine der sympathischsten Gestalten aus den Jahrgängen, die nun auf die Dreißig gehen, und seine Intellektualität hat mehr Niveau als die Golls und Dermées, deren surrealistische Manifeste bei weitem nicht so viele interessante Fragen aufwerfen wie das seine. Sein Auftreten ist das eines Inquisitors. Der Blick ist tragisch verhalten, die Gebärde gemessen. Er ist ein ‹Weiser›. Vielleicht auch ein bißchen wie ein Zauberer aus einem bunten Bilderbogen, einem Märchenbuch. Gleich einem Oscar Wilde beherrscht er mit seiner Faszinationskraft unumschränkt seine Getreuen. - Maurice Martin du Gard, nach: Maurice Nadeau, Geschichte des Surrealismus, Reinbek bei Hamburg 1986 (zuerst 1945, re 437)
 
 

Poeten Sektenchef Surrealist

 

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