recht  Mit guter Schauspielerei kann man nicht nur eine Menge Sünden verbergen,, sondern auch den Feind täuschen und verwirren. Während des Zweiten Weltkriegs arbeitete Bertolt Brecht als Drehbuchautor in Hollywood.

Nach dem Krieg wurde er wegen angeblicher Sympathien für die Kommunisten vor den Kongreßausschuß für unamerikanische Umtriebe zitiert. Andere, gleichfalls vorgeladene Autoren planten, mit entschiedenem Auftreten die Unrechtmäßigkeit des Verfahrens zu demonstrieren.

Brecht war klüger: Er spielte mit dem Ausschuß wie auf einer Geige; schmeichelte seinen Mitgliedern und verhöhnte sie zugleich. Sorgfältig studierte er seine Antworten ein, und er bediente sich auch einiger Requisiten, vor allem der geliebten Zigarre, denn er wußte, daß der Ausschuß-Vorsitzende ebenfalls gern Zigarren rauchte. Und tatsächlich gelang es ihm, den Ausschuß mit wohlbedachten, mehrdeutigen, witzigen und doppelbödigen Antworten hinters Licht zu führen. Statt eine wütende, von Herzen kommende Tirade zu halten, umgarnte er die Ausschußmitglieder mit einer bühnenreifen Inszenierung, und sie ließen ihn ungeschoren davonkommen. - (macht)

Brecht (2) Seit Brecht: Es ist natürlich nützlich, daß es das »Geraune« nicht mehr gibt. Aber auch der starke Ton und das Gedröhn sind seitdem weg aus der Literatur (aus der menschlichen Schrift) (ich meine nicht die Mythelei so vieler südamerikanischer Romane; »Mythelei« im Sinn von »Rederei«, »Liebelei«, »Rätselei«, »Erzählerei«) - (bleist)

Brecht (3) Er kleidete sich persönlich. Wie ein Mann, der viel mit Maschinen zu tun hat oder mit der Ölkanne unter Autos liegt, trug er stets eine dünne Lederkrawatte — ohne Fettflecke natürlich. Im Gegensatz zu anderen Westen ließ er sich welche mit Tuchärmeln anfertigen; im Schnitt seiner Kleidung betonte er etwas amerikanisch Sackartiges, wenn ich so sagen darf, mit wattierten Schultern und keilförmigen Hosen. (Richtige Amerikaner gingen natürlich längst nicht mehr in solcher Tracht. Nur in Deutschland wirkte sie amerikanisch.) Er trug nie einen Hut, meist eine Ledermütze und bei kühlem Wetter eine Lederjoppe. Ohne das mönchartige Gesicht mit dem in die Stirn gekämmten Haar hätte er ausgesehen wie ein Chauffeur mit einem Schuß russischen Volkskommissars.

Brecht war ein glänzender Autofahrer, einer der schnellsten und unvorsichtigsten meiner Bekanntschaft. In Langeland in Dänemark, wo ich ihn in den Dreißigerjahren besuchte, fuhr er ein uraltes Fordmodell, das man noch ankurbeln mußte, worauf es, wenn es überhaupt ansprang, heftig zu zittern anfing. Aber dem Brecht war es völlig untertan und gehorchte ihm trotz Altersschwäche. - George Grosz, Ein kleines Ja und ein großes Nein. Sein Leben von ihm selbst erzählt. Reinbek bei Hamburg 1986, zuerst 1955

Brecht (4)  Bertolt Brecht hat vor einem Bretterverschlag, einer Art Unterstellhütte an einer Straßenbahnhaltestelle, weit draußen vor der Stadt in einer Allee mit einer Pistole einen Mann erschossen. Der Erschossene scheint ein Arbeiter zu sein, ist in Motorradkluft. Ich komme näher und sehe ihn aus zwei Wunden blutend sterben. Ich verstehe nicht, wie Brecht, der immer Menschlichkeit predigt, so etwas tun, einen Mord begehen konnte, noch dazu ganz unmotiviert und ausgerechnet an einem Arbeiter, einem Proletarier. Ich halte ihm das vor, frage ihn. Er sagt, er hätte den Falschen getroffen. »Der Richtige stand einen halben Meter daneben.«   - Wolfgang Bächler, Traumprotokolle. München 1972

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