Krautbeschaffung  Die Feinde kamen und griffen sie an. Sie kamen an das Dorf, das aus fünf Häusern bestand, und zündeten es an zwei Stellen an, bei Nacht, damit es hell wurde und die Bewohner nicht im Dunkel entfliehen konnten. Sie töteten viele mit der Keule, als sie aus den Häusern entweichen wollten.

Ein Mann namens Maitchaule legte sich unversehrt zwischen einen Haufen Toter und bestrich das Gesicht und den Leib mit Blut, um die Feinde zu täuschen. Sie glaubten, alle seien tot, und gingen weg. Der Mann blieb allein zurück. Dann ging er weg, badete und ging nach einem anderen Hause, das nicht weit entfernt war. Er dachte, es seien Leute dort, aber er fand niemand. Alle waren geflohen. Er fand nur Maniokfladen und alten Rostbraten und aß. Dann dachte er nach, er ging aus dem Haus hinaus und weit weg. Dann setzte er sich hin und dachte nach. Ftr dachte an seinen Vater und an seine Mutter, die von den Feinden getötet worden waren, und daß er nun niemand mehr habe. Dann sagte er: »Ich will mich zu meinen Gefährten legen, die tot sind!« Er kehrte voller Furcht nach dem verbrannten Dorfe zurück. Dort waren sehr viele Aasgeier. Maitchaule war ein Zauberarzt und hatte von einem schönen Mädchen geträumt. Er verscheuchte die Aasgeier und legte sich neben seine toten Gefährten. Er hatte sich wieder mit Blut beschmiert. Er hielt die Hände an den Kopf, damit er sofort zugreifen könnte. Dann kamen die Aasgeier wieder und stritten sich um die Leichen. Da kam die Tochter des Königsgeiers. Was tat nun die Tochter des Königsgeiers? Sie setzte sich Maitchaule auf die Brust. Als sie ihm in den Leib hacken wollte, ergriff er sie. Die Aasgeier flogen weg. Er sagte zur Tochter des Königsgeiers: »Verwandle dich in eine Frau! Ich bin so allein hier und habe niemand, der mir hilft.« Er nahm sie mit nach dem verlassenen Haus. Dort hielt er sie wie einen zahmen Vogel. Er sagte zu ihr: »Ich gehe jetzt fischen. Wenn ich zurückkehre, will ich dich in eine Frau verwandelt wiederfindend« —

Erst legt er sich unter die Toten, um zu entkommen. Er richtet sich wie ein solcher her, um nicht gefunden zu werden. Dann entdeckt er, daß er als der einzige übriggeblieben ist, und es wird ihm traurig und bang zumute. Er beschließt, sich wieder unter seine toten Gefährten zu legen. Vielleicht spielt er erst mit dem Gedanken, ihr Schicksal zu teilen. Aber sehr ernst kann es ihm damit nicht sein, denn er hat von einem schönen Mädchen geträumt, und da er nichts Lebendes außer Geiern um sich sieht, fängt er sich einen Aasgeier zur Frau. Man mag hinzufügen, daß der Voeel sich auf seinen Wunsch dann auch in eine Frau verwandelt. - Südamerikanischer Indianermythos, nach (cane)

Brautbeschaffung (2) Und da Mary Wollstonecraft - nur Wollstonecraft, denn mit Shelley hatte sie in dieser ihrer sinneslage nicht im mindesten mehr zu schaffen - aus dem rauschenden gewoge des stalaktitenhimmelüberdachten flusses prustend auftauchte, wurde sie plötzlich von zwei gewaltigen riesenhänden ergriffen und an einen barbarisch schnaubenden brustkorb gepreßt. Zwar versuchte sie sich noch in einer kurzen schwachen gegenwehr - schließlich war es ja bitterer ernst geworden - doch was vermag die maus in den händen des alligators? Das wörtchen ›weib‹ war das einzige, welches vernehmbar das brausen der fluten durchdrang - laut wie ein gewitter, donnernd, triumphant..

Dann schwamm das ungeheuer, mit kräftigen armen jenen lethestrom zerteilend, dem fahlen, von bleichen moosen und flechten bedeckten strande zu. Und es dachte vorher erst gar nicht, die unter schwer zu definierenden schauern zuckende Mary Wollstonecraft neunhundertneunundneunzig etagen hoch auf sein verwildertes lager zu bringen. Es hatte ja so viel zeit!

Und welcher wohlmeinende mensch würde ihm, dem einsamen, diese wahrhaft legitime, diese so lange entbehrte braut mißgönnt haben?   - H. C. Artmann, Frankenstein in Sussex (mit Fleiß und Indusrtie). Frankfurt am Main 1969 (es 320)

Braut

Oberbegriffe
zurück 

.. im Thesaurus ...

weiter im Text 
Unterbegriffe

Verwandte Begriffe
Synonyme