Bonzentrommeln    Als die ganze Gesellschaft wieder beisammen war und der rituelle Tamtam von neuem anhob, da flüsterte es einer dem andern zu, daß sich nebenan Frau Goldlotos mit einem Mann vergnüge. Ei, wie den Kerlen da der Schwung in die Glieder fuhr, wie sie aufgeregt mit den Händen zu fuchteln und mir den Füßen zu zappeln anfingen! Endlich näherte sich die Zeremonie ihrem Abschluß und gegen Abend wurde die Seclcntafcl samt den papierenen Totcngaben, die mit verbrannt werden sollten, feierlich hinaus vor die Haustür getragen. Frau Goldlotos hatte sich längst wieder weltlich frisiert und ein farbenfreudiges, hübsches Gewand angetan. Hinter dem Fenstervorhang stand sie an Hsi Mens Schulter gelehnt da und schaute zu, wie die Bonzen draußen die Seclentafel und das Buddhabild einäscherten. Die alte Wang machte sich beim Aussprengen des Opfertranks und beim Feueranzündcii nützlich. Die kahlköpfigen Schelme schielten indessen beständig mit lüsternen Augen nach dem Vorhang hinüber, hinter dem sie schattenhaft die Schöne und ihren Galan eng ancinandergcpreßt stehen sahen. Und in Gedanken an die am hellen Tage aufgeschnappten Fetzen einer zärtlichen Schlafzimmerunterhaltung gerieten sie in Hitze und trommelten und bimmelten wie besessen mit ihren Instrumenten drauflos. Als zufällig ein Windstoß dem Oberbonzen seine Tiara zu Boden wehte, so daß seine schwärzlich umsäumte runde blanke Glatze zum Vorschein kam, da bückte sich niemand danach, so sehr waren alle mit ihrem Getrommel und Gebimmel beschäftigt. Wirklich ein Schauspiel zum Lachen! »Meister,« wandte sich die alte Wang an einen Bonzen, »es ist doch nun alles längst in Asche verwandelt, warum wird denn noch weiter getrommelt und gebimmelt?«

»Unter dem Ofendeckel gibts noch was abzubrennen«, war die Antwort.  - Kin Ping Meh oder Die abenteuerliche Geschichte von Hsi Men und seinen sechs Frauen. Frankfurt am Main 1970 (zuerst ca. 1610, Wang Schi Tschong zugeschr.)

Bonze

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