ombenpost
Man. hat, in diesen Tagen, zur Beförderung des Verkehrs innerhalb der Grenzen
der vier Weltteile, einen elektrischen Telegraphen erfunden; einen Telegraphen,
der mit der Schnelligkeit des Gedankens, ich will sagen, in kürzerer Zeit, als
irgend ein chronometrisches Instrument angeben kann, vermittelst des Elektrophors
und des Metalldrahts, Nachrichten mitteilt; dergestalt, daß wenn jemand, falls
nur sonst die Vorrichtung dazu getroffen wäre, einen guten Freund, den er unter
den Antipoden hatte, fragen wollte: wie gchts dir; derselbe, ehe man noch eine
Hand umkehrt, ohngcfähr so, als ob er in einem und demselben Zimmer stünde,
antworten könnte: recht gut. So gern wir dem. Erfinder dieser Post, die, auf
recht eigentliche Weise auf Flügeln des Blitzes reitet, die Krone des Verdienstes
zugestehn, so hat doch auch diese Fernschreibekunst noch die Unvollkommenheit,
daß sie nur, dem Interesse des Kaufmanns wenig ersprießlich, zur Versendung
ganz kurzer und lakonischer Nachrichten, nicht aber zur Übermachung von Briefen,
Berichten, Beilagen und Paketen taugt. Demnach schlagen wir, um auch diese Lücke
zu erfüllen, zur Beschleunigung und Vervielfachung der Handelskommunikationen,
wenigstens innerhalb der Grenzen der kultivierten Welt, eine Wurf- oder Bombenpost
vor; ein Institut, das sich auf zweckmäßig, innerhalb des Raums einer Schußweite,
angelegten Artilleriestationen, aus Mörsern oder Haubitzen, hohle, statt des
Pulvers, mit Briefen und Paketen angefüllte Kugeln, die man ohne alle Schwierigkeit,
mit den Augen verfolgen, und wo sie hinfallen, falls es kein Morastgrund ist,
wieder auffinden kann, zuwürfe; dergestalt, daß die Kugel, auf jeder Station
zuvörderst eröffnet, die respektiven Briefe für jeden Ort herausgenommen, die
neuen hineingelegt, das Ganze wieder verschlossen, in einen neuen Mörser geladen,
und zur nächsten Station weiter spediert werden könnte. Den Prospektus des Ganzen
und die Beschreibung und Auseinandersetzung der Anlagen und Kosten behalten
wir einer umständlicheren und weitläufigeren Abhandlung bevor. Da man, auf diese
Weise, wie eine kurze mathematische Berechnung lehrt, binnen Zeit eines halben
Tages, gegen geringe Kosten von Berlin nach Stettin oder Breslau würde schreiben
oder respondieren können, und mithin, verglichen mit unseren reitenden Posten,
ein zehnfacher Zeitgewinn entsteht oder es ebensoviel ist, als ob ein Zauberstab
diese Orte der Stadt Berlin zehnmal näher gerückt hätte: so glauben wir für
das bürgerliche sowohl als handeltreibende Publikum, eine Erfindung von dem
größesten und entscheidendsten Gewicht, geschickt, den Verkehr auf den höchsten
Gipfel der Vollkommenheit zu treiben, an den Tag gelegt zu haben. - Heinrich von Kleist (Berliner Abendblätter
vom 10. Okt. 1810)
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