ohrteufel  WAS DONALD R. GRIFFITH BETRIFFT, den hochangesehenen Chiroptologen der Rockefeller University (und Verfasser von Listening in the Dark: Echolocation in Bats and Men), so ist anzunehmen, daß er, als er im Jahre 1952 den Feldforschungsbericht eines obskuren amerikanischen Ethnographen namens Bernard Maston aus dem ausgehenden 19. Jahrhundert las, etwas einatmete, was verdächtige Ähnlichkeit mit einer Spore aufwies. Maston berichtete, daß ihm, während er 1872 bei den Dozo auf dem Tripsicum-Plateau im Bereich der Karibikküste im nördlichen Südamerika Feldforschung betrieb, mehrfach vom deprong mori, dem Bohrteufel, erzählt wurde; seiner Beschreibung zufolge handelte es sich um »einen kleinen Dämon, der nach Überzeugung der dortigen Eingeborenen feste Körper durchdringen konnte«, zum Beispiel die Wände ihrer strohgedeckten Hütten und in einem Fall sogar den ausgestreckten Arm eines Kindes.

Als nun fast achtzig Jahre später Donald R. Griffith einige von Mastons Aufzeichnungen im Archiv durchsah, »witterte« er, wie er sich später erinnerte, aus irgendeinem Grunde gleich »eine Fledermaus«. Er und eine Schar von Assistenten unternahmen eine anstrengende achtmonatige Expedition zum Tripsicum-Plateau; dort festigte sich bei Griffith die Überzeugung, daß er es nicht mit irgendeiner beliebigen Fledermaus, sondern tatsächlich mit einer ganz besonderen Spezies zu tun hatte: nämlich mit dem winzigen Myotis lucifugus, der zwar bereits bekannt, aber noch nicht im Detail untersucht worden war. Während die meisten Fledermäuse für die Echolotortung, die ihnen erlaubt, im Dunkeln zu fliegen, Frequenzen im Ultraschallbereich nutzen, hatte nach der Hypothese, die Griffith aufstellte, Myotis lucifugus eine hochspezialisierte Form des Echolots auf Basis der Wellenlängen von Ultraviolettstrahlen entwickelt, wobei es in manchen Fällen sogar zu Überschneidungen mit dem benachbarten Röntgenstrahlenbereich des Wellenspektrums kam. Außerdem hatten diese Fledermäuse kunstvolle

Bohrteufel (mit Nasenaufsatz)

Nasenaufsätze

oder Hörner ausgebildet, mit deren Hilfe sie ihre Echowellen-Übertragungen in einem konzentrierten Strahl bündeln konnten. Dies alles vermochte das breite Spektrum absonderlicher Phänomene zu erklären, die Mastons Informanten geschildert hatten.

Griffith und seinem Team fehlte nur noch der Beweis. Ein ums andere Mal schlüpften die kleinen Teufel umstandslos durch die Netze, in denen man sie schon gefangen glaubte. Griffith ersann also eine brillante Fangvorrichtung, bestehend aus fünf massiven Bleiwänden, die jeweils zwanzig Zentimeter dick, sieben Meter hoch und 650 Meter lang waren und auf dem Waldboden strahlenförmig aufgestellt wurden, so daß sie Speichen eines gigantischen Rades glichen. Das Team brachte entlang den Wänden in einem komplizierten gitterförmigen Muster seismische Sensoren an und verlegte sich aufs Warten.

Zwei Monate lang registrierten die Monitore nicht das geringste - zweifellos machten die Fledermäuse einfach einen Bogen um die massiven und massiv deplazierten Bleiwände -, und Griffith verlor schon die Hoffnung, seine Hypothese jemals empirisch bestätigen zu können. Dann aber, frühmorgens am 18. August, um 4 Uhr 13, verzeichneten die Sensoren einen Einschlag. Auf die Wand Nummer 3 war vier Meter über dem Waldboden und 643 Meter von der Radnabe entfernt etwas mit einer Wucht von zehn mal drei erg aufgeprallt. Die Leute vom Team karrten einen Röntgenapparat zur betreffenden Stelle und konnten tatsächlich in einer Tiefe von achtzehn Zentimetern den ersten jemals von Menschenhand gefangenen Myotis lucifugus orten, »auf ewig eingeschlossen in einem massiven Bleiblock«. - (wesch)

Teufel Fledermaus Bohren
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