„Sie sind verdrießlich und bitter, das ist schön und
gut;
wenn Sie nur einmal recht böse werden, so wird es noch besser sein."
Jarno
zu Wilhelm Meister, nach: Goethe, Wilhelm Meisters Lehrjahre
Also, unverhohlen gesprochen: es ist nötig, daß wir einmal recht böse werden,
damit es besser wird. Und hierzu soll uns das Bild des Schopenhauerischen
Menschen ermutigen. Der Schopenhauerische Mensch nimmt das freiwillige Leiden
der Wahrhaftigkeit auf sich, und dieses Leiden dient ihm,
seinen Eigenwillen zu ertöten und jene völlige Umwälzung und Umkehrung seines
Wesens vorzubereiten, zu der zu führen der eigentliche Sinn des Lebens ist.
Dieses Heraussagen des Wahren erscheint den andern Menschen als
Ausfluß der Bosheit, denn sie halten die Konservierung ihrer Halbheiten und
Flausen für eine Pflicht der Menschlichkeit und meinen, man müsse böse sein,
um ihnen also ihr Spielwerk zu zerstören. Sie sind versucht, einem solchen zuzurufen,
was Faust dem Mephistopheles sagt; „so setzest
du der ewig regen, der heilsam schaffenden Gewalt die kalte Teufelsfaust entgegen";
und der, welcher Schopenhauerisch leben wollte, würde wahrscheinlich einem Mephistopheles
ähnlicher sehen als einem Faust — für die schwachsichtigen modernen
Augen nämlich, welche im Verneinen immer das Abzeichen des Bösen erblicken. - Friedrich Nietzsche, Schopenhauer als Erzieher (1874)