lutwein   Indische Tänzerinnen in feinen dünnen Schleiern, die immer in der Luft herumschweben, tanzen jetzt mitten im Halbkreise, den die Gäste bilden. Dumpf dröhnen die kleinen Handpauken, und Fackeln flammen in den Säulenhallen. Plötzlich ist Alles still.

Und hinter Harun verliest der Hausmeister ein Schreiben, in dem zwei Barmekiden, die sich unter den Gästen befinden, des Hochverrathes angeklagt werden; sie sollen in Aegypten eine Verschwörung angezettelt haben.

Die beiden Barmekiden werden zum Tode verurtheilt und sofort vor Aller Augen enthauptet - auf rothen Lederkissen - dort, wo eben noch getanzt wurde.

Das Blut der Getöteten wird in kupfernen Wannen aufgefangen und mit den besten Weinen vermischt. Den Blutwein sollen Alle trinken.

Bis dahin hat kein Laut das geschäftige Treiben der Henkersknechte unterbrochen, nicht einmal die Tänzerinnen haben aufgeschrieen. Die leise Musik in der Ferne tönt immer noch.

Die zehn übrig gebliebenen Barmekiden weisen den Blutwein zurück - ein Murren entsteht.

Die Henker lächeln wie wilde Bestien, und ein paar Augenblicke später sind weitere zehn Köpfe von ihren Rümpfen getrennt.

»Was kommt nun?« brüllt da der weise Perser, und er schmeisst seinen Becher mit Blutwein dem Chalifen ins Gesicht. Jetzt schreit Alles entsetzt auf- erst jetzt. Und Harun brüllt: »Masrar! Masrar! Röst dem da die Augen und schmeiss sie vor die Säue!«

Mit rothglühenden Eisen treten zwei Negerknaben in den Saal.  - Paul Scheerbart, Der Tod der Barmekiden. Arabischer Haremsroman. München 1992 (zuerst 1897)

 

Blut Wein

 

  Oberbegriffe
zurück 

.. im Thesaurus ...

weiter im Text 
Unterbegriffe

 

Verwandte Begriffe
Synonyme