luten   Versunkenheit, in mich selber :Oder ich ging, mit blutendem Hinterkopf vorbei an Kaufhof nachts in Köln, den ganzen Sommermantel Ninoflex fleckig vom Blut, das aus meinem Hinterkopf tropfte und zwischen den Fingern und aus dem vollgesogenem roten Taschentuch tropfte, und ging einen langen Krankenhauskorridor nachts blutend entlang, streifte das geronnene Blut in einem leichten gallertigen Ballen an einem Tischtuch ab, „Machen Sie das auch zu Hause?" fragte eine doofe Nuß vom Nachtdienst (was hatte sie gesehen?)/ Und kam blutverschmiert mit einem Blumentopf morgens in die Wohnung zu Dir an und weinte und fluchte auf die gewöhnlichen Wahnsinnigen/Oder wälzte mich vor einem weißen Kittel des Frisörs mittags mit 4 auf dem Kopfsteinpflaster, weil der weiße Kittel des Frisörs mir alle Schmerzen im Krankenhaus vorher mit weißen Kitteln wieder in Erinnerung rief und ich spürte wieder die Schmerzen in meiner Einbildung und sie taten weh nach der Leistenbruchoperation/Und ich sah in einem fliehenden Schrecken 1952 die Bahren mit den darunterliegenden Körpern einen langen weißgekachelten Gang entlang geschoben werden, die Luft roch nach Karbol, während ich im Wartezimmer des Krankenhauses saß und darauf wartete, den Vater besuchen zu können, der dort wegen seiner Zuckerkrankheit lag/Oder ich brüllte viehisch vor Schmerz, weil ich nach der Operation der Vorhaut mit 3 Jahren nicht mehr pinkeln wollte in Erinnerung an den Schmerz gestauten Urins und heftiger brennender Schärfe beim Pinkeln/Und dann sah ich in einem roten, verwaschenen Faden aus einem Abflußrohr am Rückgartenstück des Krankenhauses Rotes in das schlammige, Ratten besiedelte Moorbachgeschlängel fließen/Und der Bruder erzählte: „Sie haben dann immer die Vorderpfoten gehoben und gepumpt und dabei kam jedesmal rotes Blut aus dem schlaffen Schweineleib, der im Hof lag."/Und ich weine fürchterlich, die ganze Furcht aus mir heraus in meinen Tränen, als ich einen toten Spatz in der Hand habe, den ich gerade noch flattern sah an der Dachrinne, und der dann von einer Putsche mit Gummiweckringen und einer Astzwille kaputtgeschossen worden ist in einem sandigen, staubigen Sommernachmittag gegen das Rot der Dachziegeln und das Bleigrau der Dachrinne/Da gehen imaginäre Schmerzen/Und alles verkrampft sich in mir und ich spüre den Wahnsinn der schmerzhaften Verlassenheit, als Robert vom Tisch fällt im Badezimmer und schlägt sich die Zähne auf/Und da ist dieser eiternde Lappen, der Riß, wo jetzt die Brust fehlt, unter den gelben, von Eiternden Wunden gefärbten Mullbinden, die abgehoben werden und ich sehe 1956 diesen Teil eines Körpers, an dem ich früher gelutscht habe. Und der Teil ist nur eine brennende rot-entzündete fehlende Stelle/Und da nehme ich einen Finger aus Deiner Möse und der Finger ist schwärzlich-rot mit Menstruationsblut/Und da werfe ich mich in den Sand des Gartens hinter dem Haus, denn jetzt ist mein Knie total offen und roh-fleischig und blutet und ich wälze mich schreiend und grabsche in den Sand und werfe den Sand vor brüllenden Schmerzen in die blaue glänzende Sommerluft, denn ich bin gegen den Bult gerannt, einen Baumwurzelstumpen, auf dem B rennholz zerhackt wird/und ich halte meinen Kopf, denn jetzt hat der Vater einmal unberechenbar zugeschlagen, nachdem ich aus Ärger dem Bruder den Wackerstein auf den Fuß habe fallen lassen, mit dem ich Kugelstoßen vor der Weißdornhecke übte, und mein Kopf flog gegen die Türklinke des Korridors und heraus schoßetwas feuchtes, rotes Warmes, das in einem gelben Frottierhandtuch Indanthren versickerte/Und da liegt eine totgeschlagene Ratte in einem blitzenden Nachmittagslicht auf schwarzen Schlacken/Und ich sehe durch das Schlüsselloch der Leichenhalle in Vechta und gucke einen Ausschnitt eines gelben toten Gesichtes an/Und wo ist das Lebendige, wenn es so ganz von Verzweiflung, Schmerz, Tod, Verrecken umstellt ist?/Rote und weiße Fantasien. (Na, ich würde gern ein Künstler sein.)  - (rom)
 
 

Blut

 

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