lick, toter »Hörst du die Toten singen, die lichtgrünen Toten? Sie zerfallen in ihren Gräbern schmerzlos und leicht; greifst du ihre Leiber, so berührst du nur Brocken, und die Zähne, sie lösen sich leicht. Wo ist das Leben, das sie bewegte, wo ist die Kraft? Hörst du die Toten singen, die lichtgrünen Toten?« Der scharfe Hauch Pateras drang mir in die Nase — — ich fühlte mich schwach werden: Da setzte sich der Herr auf sein erhöhtes Ruhebett und warf seinen Mantel ab — nun saß er aufgerichtet mit entblößtem Oberkörper, die langen Locken fielen ihm auf die Schultern, ich mußte seine breiten, edlen Formen bewundern. Dieser schimmernde, weiße Leib glich einer Statue — und ich faßte meine letzte Kraft zusammen in die Frage: »Patera, warum läßt du das alles geschehen?« — Rs kam lange keine Antwort. — Auf einmal rief er mit metallisch tönender Baßstimme: »Ich bin müde!«
Ich fuhr erschrocken zusammen, im nächsten Moment starrte ich in die glanzlosen
Augen — ich war im Bann. — Seine Augen glichen zwei leeren Spiegeln,
welche die Unendlichkeit auffingen. Mir kam der Gedanke, daß Patera gar nicht
lebe — wenn Tote schauen könnten, das wären ihre Blicke.
- Alfred Kubin,
Die Andere Seite. München 1975 (zuerst 1909)
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