Bildlegenden

 

 

- Utamaro

Bildlegende (2)  »Iich würde mich nicht wundern, wenn er tatsächlich lahm oder so etwas gewesen wäre und das schwarze Bein wirklich krumm sein sollte.«

»Wie ein alter Teufel sieht er aus!« brach Payne plötzlich heraus. »Ich hoffe, Hochwiirden wird mir das vergeben.«

»Ich glaube an den Teufel, danke«, sagte der Priester mit undurchdringlichem Gesicht. »Seltsamerweise gibt es eine Legende, daß der Teufel lahm war.«

»Aber«, protestierte Payne, »Sie wollen doch nicht wirklich behaupten, daß er der Teufel ist; aber wer beim Teufel war er?«

»Er war der Lord Darnaway unter Heinrich VII. und Heinrich VIII.«, erwiderte sein Gefährte. »Aber auch ihn umgeben eigenartige Legenden; auf deren eine weist jene Inschrift im Rahmen hin, und sie ist weiter in einigen Notizen ausgeführt, die jemand in einem Buch hinterließ, das ich hier gefunden habe. Beides liest sich reichlich eigenartig.«

Payne beugte sich vor und verdrehte den Hals so, daß er der archaischen Inschrift folgen konnte, die rings um den Rahmen lief. Wenn man die altertümliche Schreibweise und Rechtschreibung beiseite ließ, handelte es sich um eine Art Reim, der etwa so lautete:

»Im siebenten Erben bin ich erneut:
In der siebenten Stunde mach* ich mich fort:
Niemand halte dann meine Hand:
Und weh der, die dann mein Herz erfreut.«

»Klingt irgendwie gruselig«, sagte Payne, »aber das kommt vielleicht daher, daß ich kein Wort davon verstehe.«

»Es ist auch reichlich gruselig, wenn du es verstehst«, sagte Wood leise. »Der Eintrag, der zu einem späteren Zeitpunkt in das alte Buch gemacht wurde, das ich gefunden habe, berichtet, wie dieser reizende Knabe sich absichtlich selbst so getötet hat, daß seine Frau als Mörderin hingerichtet wurde. Eine andere Eintragung erinnert an eine spätere Tragödie, sieben Erbfolgen später - unter den Georges -, bei der sich ein anderer Darnaway umbringt, nachdem er zuvor vorsorglich Gift in den Wein seiner Frau gegeben hatte. Es wird behauptet, daß beide Selbstmorde um 7 Uhr abends stattfanden. Ich nehme an, die Schlußfolgerung daraus lautet, daß er wirklich in jedem 7. Erben wiederkehrt und, wie der Reim andeutet, dann die Dinge für jene Dame, die unklug genug war, ihn zu heiraten, höchst unerfreulich gestaltet.«

»Nach dieser Argumentation«, erwiderte Payne, »wird es für den nächsten 7.Gentleman ein bißchen unbequem werden.«

Woods Stimme wurde noch leiser, als er sagte: »Der neue Erbe wird der 7. sein.«  - G. K. Chesterton, Das Verhängnis der Darnaways. In: G.K.C., Father Browns Ungläubigkeit. Zürich 1991

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