iertisch
Ich sitze in Gesellschaft, wo immer ich mich niederlasse, und gleich
ist es meine Gesellschaft, ist es mein Ritual, und nicht nur das meine, sondern
das Ritual aller Leute, die Bier trinken kommen, denn der Tisch bildet eine
Gesellschaft, die redet. Es sind Gespräche am Kneipentisch, Gespräche, in denen
sich der Mensch von den täglichen Streßsituationen distanziert, oder es wird
nur geschwatzt, doch auch das ist Distanzierung, vielleicht wird man, wenn es
einem besonders übel ergangen ist, am ehesten vom banalen Geplauder über banale
Dinge und Geschehnisse geheilt, manchmal sitze ich da und schweige verstockt,
überhaupt gebe ich beim ersten Bier nachdrücklich zu erkennen, daß es mir unangenehm
ist, irgendwelche Fragen zu beantworten: so wie ich mich auf das erste Bier
freue, so dauert es bei mir eine gewisse Zeit, bis ich mich in die tyrannisch
lärmende Kneipe einpasse, bis ich mich aur die vielen Gäste, auf die vielen
Gespräche einstimme, jeder scheint von dem Wunsche beseelt, was er sagt, möge
gehört werden, jeder in dieser Kneipe glaubt, was er gerade sagt, sei beachtenswert,
und so trompetet er seine banale Botschaft hinaus, ich selber gehöre zu diesen
Schreihälsen, nach dem zweien Bier halte ich alles, was ich sage, für äußerst
wichtig, und deshalb schreie ich, habe den Blick geschärft und trompete meine
Sätze in die Gegend, wobei ich in meiner Einfalt meine, nicht nur mein Tisch,
sondern die ganze Welt sie vernehmen müsse.
- Bohumil Hrabal, Eine Wirtshausgeschichte. Nach:
B. H., Leben ohne Smoking. Frankfurt
am Main 1993 (BS 1124, zuerst 1986)
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