ewegungsgeld  Man stelle sich vor: Da ist das Landesfinanzamt, das die richtigen Steuerbanderolen drucken läßt und eine eigene Fahndungsstelle unterhält, um die falschen Banderolen und ihre Hersteller zu ermitteln. Auch kümmert man sich - wie man aus anderen Prozessen weiß — um verschobenen Sprit. Die Beamten dieses Dezernats sind besonders tüchtig, weil es Belohnungen für glückliche Fahndungen gibt, und da die Kriminalpolizei auf dem gleichen Felde ackert, muß man scharf hinterher sein. Man ist nicht nur auf die Polizei eifersüchtig, man ist es auch unter sich.

Und bei dem Geschäft rauscht Geld durch die Finger. Man zahlt »Bewegungsgelder« an Vigilanten, man zahlt Vorschuß, man zahlt eventuell für falsche Banderolen viel Geld (wo man doch die echten aus der Reichsdruckerei so billig hat) - man zahlt dieses viele Geld, um den Verfertigern auf die Spur zu kommen. Eigentlich soll man's nicht zahlen, man soll es nur den Schiebern »zeigen«, damit sie gieprig werden. Aber das Merkwürdige ist, daß immerzu Geld zum Vorzeigen verlangt wird, ohne daß man es je wieder zurückzugeben braucht. Und die Summen sind stattlich. Durch die Hände des Zollinspektors Plaumann allein sollen 67 000 Mark gegangen sein.

Wo gingen sie hin? In irgendeiner Banderolensache wurde Silberstein verhaftet, ein kluger, feiner Kopf. »Ein feiner Gesellschafter«, sagt Plaumann von ihm. Plaumann vernimmt also den Verhafteten Silberstein und bemerkt dabei, daß Silberstein zum Bestraftwerden viel zu schade ist. Das mit ihm aufgenommene Protokoll verschwindet - Herr Silberstein ist von Herrn Plaumann als Vigilant engagiert. Bekommt seine Bewegungsgelder, und nun bewegt er sich — einschließlich Cohn. Denn Cohn ist sein Freund. Etwas soll Cohn tatsächlich in Hamburg herausbekommen haben - wofür er von Plaumann 6 000 Mark Belohnung bekam. Im übrigen lebte man ja auch von Vorschüssen sehr gut, die Plaumann so glänzend herbeischaffte. Aber die Vorgesetzten des Finanzamtes fanden, daß für die vielen Vorschüsse doch ein bißchen zu wenig geleistet würde, und es mußte wieder einmal ein großer Coup gelandet werden. Plaumann selbst war wohl nicht mehr so ganz bei bester Laune. Und so verbündete er sich mit Cohn und Silberstein zu folgendem Geschäft: Die beiden sollten eine Druckmaschine kaufen, sie in ein Zimmer stellen, ein Klischee für falsche Banderolen herstellen lassen. Und wenn dann alles fertig war, sollte Plaumann kommen, die Fälscherwerkstatt ausheben. Zu erwarten war, daß die Entdecker der Fälscherwerkstatt 12 000 Mark Belohnung bekamen. Die eigentlichen Fälscher sollten aber der schwarze Harry und der eiserne Willy sein, die selbstverständlich bei der Aushebung nicht gekriegt werden würden.   - Sling, Der Fassadenkletterer vom "Kaiserhof". Berliner Kriminalfälle aus den Zwanziger Jahren. Hg. Ruth Greuner. Berlin 1990

 

Bewegung Geld

 

  Oberbegriffe
zurück 

.. im Thesaurus ...

weiter im Text 
Unterbegriffe

 

Verwandte Begriffe
Synonyme