ettinhalt   Es gibt viele Mädchen wie Mildred, heimatlos und doch nie ohne Dach — meistens ist es eine Hotelzimmerdecke, manchmal die einer Junggesellenbude oder - wenn sie Glück haben - einer Yachtkajüte oder auch von einem Zelt oder Wohnanhänger. Solche Mädchen sind Sachen fürs Bett, Bettinhalt, die man sich anschafft wie eine Wärmflasche, ein Reisebügeleisen, eine elektrische Schuhbürste oder irgendeinen kleinen Luxusgegenstand. Es ist von Vorteil für sie, wenn sie ein bißchen kochen können, aber sprechen müssen sie nicht unbedingt, egal in welcher Sprache. Auch sind sie austauschbar wie eine harte Währung oder internationale Postantwortscheine. Ihr Wert kann steigen oder sinken, je nach Alter und dem Mann, der sie gerade hat.

Nach Mildreds Meinung war das kein schlechtes Leben; falls man sie befragt hätte, hätte sie in ihrer ernsthaften Art geantwortet: »Es ist interessant.« Mildred lachte nie, sie lächelte höchstens, wenn sie höflich sein wollte. Sie war etwa 1,60 groß, fast blond, ziemlich schlank und hatte ein angenehm leeres Gesicht und große blaue Augen, die immer weit geöffnet waren. Sie schlich mehr als sie ging, mit krummem Rücken und vorgeschobenen Hüften - irgendwo hatte sie gelesen, die besten Mannequins hätten so einen Gang an sich. Sie wirkte dadurch matt und friedfertig. Etwas lebendiger war sie im Bett, und diese Tatsache ging von Mund zu Mund oder verbreitete sich - zwischen Männern, die nicht die gleiche Sprache sprachen - durch kleine Gesten mit dem Kopf oder durch winziges Lächeln. Mildred verstand etwas von ihrem Job, das mußte man ihr lassen, und sie widmete sich ihm mit großem Eifer.  - Patricia Highsmith, Kleine Geschichten für Weiberfeinde. Eine weibliche Typenlehre in siebzehn Beispielen. Mit siebzehn Zeichnungen von Roland Topor. Zürich 1979 (detebe 20349)

 

Bett

 

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